Köln. . Ja, es gibt den „letzten Bullen“. Ja, es gibt „Im Angesicht des Verbrechens“. Und dennoch: Die deutsche TV-Serie zeichnet sich im Schnitt durch Mutlosigkeit aus. Dabei sind gar nicht die großen Budgets amerikanischer Sender nötig, um flotte Fortsetzungsgeschichten zu entwickeln.

Jetzt mal „Unter uns“ und „In aller Freundschaft“: Die deutsche TV-Serie ist in die Jahre gekommen. Nonnen, Ärzte und ein paar hausbackene Kommissare, „Um Himmels Willen“. In Köln diskutierten Experten jetzt darüber, wie sich das ändern lässt.

Ja gut, es ist nicht alles schlecht. Es gibt den „Letzten Bullen“, „Danni Lowinski“ und „Mord mit Aussicht“. Und die Dauerbrenner machen ja noch gute Quoten bei älteren Zuschauern. Aber langsam klagen selbst gestandene Zuschauer über Einheitsbrei.

Ins Ausland lässt sich jedenfalls kaum etwas exportieren. TV-Stars aus Deutschland sind dort unbekannter als die Monde des Saturn. Selbst dem britischen Drehbuchautor Guy Meredith, einem der Großen der Branche, fällt bei der Frage nach einer ihm bekannten deutschen Serie nur eine ein: „Kommissar Rex“.

Deutschen TV-Autoren mangelt es an Ideen

Und es sieht nicht danach aus, als werde es besser. Ganz im Gegenteil. Ob Krimis der Reihe „Heiter bis tödlich“, „Mantrailer“, „IK1 – Touristen in Gefahr“ oder „Der Cop und der Snob“ – nahezu alles, was ARD, RTL und Sat.1 in den letzten Monaten auf Sendung schickten, kam nicht an. Kein Wunder, dass die Branche so gut wie keine Experimente wagt.

Deutschen Autoren, so scheint es, mangelt es an ausgefallenen Ideen. Wenn sie doch mal eine haben, trauen sich die Sender nicht, den Vorschlag auch umzusetzen oder verstecken das Ergebnis – siehe „Tatortreiniger“ oder „Im Angesicht des Verbrechens“ – oft im Nachtprogramm. Weil die Quoten nicht sofort so sind, wie man sie gern hätte. Was TV-Produzent Peter Nadermann nicht verstehen kann. „Wer im Alte-Oma-Laden plötzlich hippe Jeans verkauft, darf sich auch nicht wundern, wenn nicht sofort junge Mädchen den Laden stürmen“, pflegt er zu sagen.

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Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick ins Ausland. Nicht nur in die USA, mit denen ein Vergleich in dieser Sache nicht gerecht wäre. Weil die Fernsehlandschaft dort eine völlig andere ist, die Strukturen und Finanzierungsmöglichkeiten ganz unterschiedlich sind.

"Du musst die Zuschauer intelligent behandeln"

Aber man kann nach Skandinavien blicken, wo schon seit Jahren weltweit gefeierte Serien wie „Kommissarin Lund“ oder „Die Brücke“ entstehen und wo das System dem deutschen zumindest ähnlich ist. „Wichtig“, sagt Piv Bernth, Drama-Chefin des dänischen Senders DR, sei, dem Serien-Autor größtmögliche Freiheit einzuräumen. Denn: „An erster Stelle kommt die Vision des Erfinders.“ Ihm müsse man vertrauen, „muss über Verantwortung reden, aber keine Kontrolle ausüben“.

Richard Stoke, Produzent der britischen Serie „Broadchurch“, in der es eine ganze Staffel lang nur um die Aufklärung eines Kindermordes geht, ergänzt: „Du musst die Zuschauer intelligent behandeln. Sie kennen die meisten erzählerischen Strategien schon. Darauf musst du dich einstellen.“ Bei „Broadchurch“ hat das funktioniert. Mit einer ganz eigenen Bildsprache, einer enormen Tiefe und wirklich überraschenden Wendungen wurde die Reihe vor allem in den sozialen Netzwerken zu einer der meist diskutierten Serie der vergangenen Jahre.

Um in Deutschland Ähnliches zu erreichen, bedarf es nach Ansicht der Kölner Experten-Runde nicht viel. Die Sender, da herrschte Einigkeit, brauchen vor allem eines: mehr Mut. Den will ZDF-Programm-Chef Norbert Himmler jetzt beweisen. Der FAZ hat er gesagt, ihm schwebe eine qualitativ hochwertige Miniserie vor. So was wie „Breaking Bad“ auf Deutsch. Und eine internationale Serie will er auch wieder ins Programm nehmen. Freitags. Spät am Abend.