Köln. . Seit sechs Monaten ist Frank Hoffmann der neue Senderchef bei RTL. Er hat eine klar umrissene Aufgabe: Der 47-Jährige muss den Sender neu erfinden. Der TV-Manager setzt auf Fußball, Filme mit historischem Flair und Informationen à la Günter Wallraff.

Es gab eine Zeit, da konnte RTL vor Kraft kaum laufen. Deutschlands größter Privatsender dominierte, wie es schien, den TV-Markt nach Belieben, beim Gesamtpublikum und bei den jungen Leuten sowieso. Vorbei. Inzwischen ist der Sender im Gesamtmarkt nur noch Nr. 3. Der neue Senderchef Frank Hoffmann räumt Fehler ein, und selbst seine Vorgängerin Anke Schäferkordt, inzwischen Chefin der gesamten Mediengruppe, sagt offen, sie sei mit den „Marktanteilen von RTL nicht zufrieden“. Für Hoffmann und Schäferkordt gibt es viel zu tun, aber packen sie es auch an?

Hoffmann hat zunächst mal eine Charme-Offensive gestartet. Der verbindliche 47-Jährige, im Anzug, aber krawattenlos, steht für bisher ungewohnte Lockerheit in der RTL-Chefetage.

Dabei ist seine Mission beinhart. Er muss die Richtung ändern. Der gebürtige Gütersloher weiß, dass er den Sender vor sechs Monaten in einer Phase übernommen hat, in der Quotenbringer wie „Deutschland sucht den Superstar“ Abnutzungserscheinungen zeigen. Überdies kam dem Unterhaltungsdampfer des Fernsehens die erste Klasse abhanden.

Der Jugendkult war gestern

Und noch etwas hat sich verändert. Der Jugendkult in der Gesellschaft strebt dem Ende entgegen. RTL-Urgestein Helmut Thoma hatte der Werbewirtschaft die 14- bis 49-Jährigen als kauffreudige Zielgruppe vorgegeben. Das passt nicht mehr. Hoffmann: „Wir haben uns deshalb für die 14- bis 59-Jährigen entschieden.“

Das hat Konsequenzen fürs Programm. Vordergründig bestreitet Hoffmann, die Verpflichtung von Alt-Star Thomas Gottschalk habe etwas mit dem steigenden Durchschnittsalter des RTL-Publikums zu tun. Indirekt aber räumt der TV-Manager ein, dass Gottschalk-Sausen wie die „Abba-Show“ oder „Die 2 – Günther Jauch und Thomas Gottschalk gegen alle“ auch für ältere Zuschauer akzeptabel sein sollen. Seine Formel lautet: „Diese Sendungen sind für die ganze Familie gemacht.“

RTL will nicht nur Nebenbei-Fernsehen bieten

Bei den Spielfilmen weiß Hoffmann um die Erfolge von historisch gefärbten Produktionen wie „Weissensee“ und „Unsere Mütter, unsere Väter“. Der RTL-Chef will sein Angebot in diesem Bereich ausbauen. Dazu zählt die gerade angelaufene Verfilmung des Historien-Dramas „Götz von Berlechingen“ mit Henning Baum. Hoffmann: „Die Zuschauer lassen sich auf komplexe Geschichten genauso ein wie auf Programme, die man auch nebenbei sehen kann.“

Das Nebenbei-Fernsehen allerdings soll – vor allem tagsüber – nicht mehr so belanglos sein wie bisher. Stattdessen setzt Hoffmann auf Information: „Den Erfolg unserer investigativen Reportage ,Team Wallraf’ mit 20 Prozent Marktanteil werte ich als Indiz dafür, dass die Zuschauer auf der Suche nach mehr Relevanz sind.“

Wie sehr dem Sender Fußball fehlte, verdeutlicht der Audi-Cup

Massiv ausgebaut wird auch das Sportangebot. Bisher punktete RTL mit Formel 1 und Boxen. Fußball fehlte weitestgehend. Das wird bald anders. 100 Millionen blättern die Kölner hin für 20 Vorbereitungsspiele auf die EM 2016 und die WM 2018 – 20 Millionen mehr als ARD und ZDF.

Kann sich RTL das Geld durch Werbung zurückholen? Hoffmann hält sich bedeckt. Der RTL-Vermarkter IP Deutschland, logisch, lotet seine Möglichkeiten aus. „Maßgeblich werden auch für uns die Regeln der Uefa sein, die festsetzt, was geht und was nicht.“

Das klingt nicht nach dem großen Geschäft. Vermutlich zielt der der Sender vor allem auf einen Image-Gewinn. Wie sehr RTL Fußball fehlte, lässt sich am Erfolg des Audi-Cups ablesen. Es geht dabei um nichts – außer um Quoten.