Essen. . Die Bulldogge und der Mops – das sind die großen Sorgenkinder. Eine Doku beleuchtet, wie überzüchtet Rassehunde inzwischen sind und wie sehr die Tiere leiden. Fazit des Films: Der Hang zu Vierbeinern, die wie Models ein Schönheitsideal verkörpern, führe zu Krankheit und Elend.
Die Mopsdame ist erst zwei Jahre alt – und liegt schon auf dem Operationstisch. Ein Notfall. Sie kriegt keine Luft mehr. Jetzt wird ihr das Gaumensegel gekürzt, die Nasenlöcher werden vergrößert. Hundeelend wird einem, wenn man dieses Bündel sieht. „Mensch, Hund! Der Rassewahn und seine Folgen“, heißt die Doku, die am Donnerstag um 20.15 Uhr auf 3sat ausgestrahlt wird.
Der Hang zu Vierbeinern, die wie Models ein Schönheitsideal verkörpern, führe zu Krankheit und Elend – so der Film. Bei den Möpsen sei das Leid besonders groß. Kurz gezüchteter Schädel und knuffiger Faltenwurf führen dazu, dass die Tiere schon im Liegen japsen. „Es ist, als wenn wir bei Hitze über einen Strohhalm atmen“, sagt Tierarzt Dirk Schrader.
Schaulaufen in Dortmund
Von all den fünf Millionen Sentas, Foxis, Fridas und Neros in deutschen Haushalten sind die Hälfte Rassehunde. Und die „Schönsten“ zeigen sich jedes Jahr auf der Hundeshow in Dortmund. Die Fernsehkamera hat diese Bilder eingefangen: Terrier, denen Frauchen die Haare über die Augen kämmt. Hauptsache, die Frisur sitzt.
Was dem Psychologen Christoph Jung (Autor des „Schwarzbuch Hund“) wirklich aufstößt: Wenn kranke Hunde einen Schönheitspreis abräumen. Wie diese stämmige Bulldogge, dem der Wertungsrichter Bestnoten gegeben hat. Dabei sei das Tier krank! Die erschwerte Atmung habe, wie bei vielen dieser Tiere, das Herz angegriffen. Der Wertungsrichter sagt: „Ich kann nur das bewerten, was ich sehe, ob er einen Herzfehler hat, weiß ich nicht.“
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Die Bulldogge, der Mops – das sind die großen Sorgenkinder. Doch noch schlimmer, so Jung, sei es beim Cavalier King Charles Spaniel, der unter einer vererbten Augenkrankheit leide. Und an Herzfehlern, die zum frühen Tod führten. Oder die Tibetdogge. Fast die gesamte Rasse sei schwerstkrank.
Schmerzen, Sorgen, Tierarztkosten – das sei der Preis, heißt es im Film, der gut deutlich macht, dass der Schönheitswahn zum Kult geworden ist. Wohl wahr. Auf der Dortmunder Hundeschau gucken sich Tausende die süßen Biester an. Wer käme denn vorbei, wenn da nur graue Zausel herumliefen?
Ein guter Züchter guckt sich die Halter genau an
Selbst wenn Züchter auf Gesundheit achteten, was nützt es?, fragt Jos de Bruin aus Sonsbeck: Die Leute holten sich dann die Tiere aus dem Internet. Wie den „Wolfshybrid“ eine Mischung aus Wolf und Hund, der vor allem im Netz gehandelt werde.
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De Bruin hat das TV-Team bei sich gehabt. Heute spricht er mit der Zeitung. Acht Hunde leben in seiner Auffangstation. Zwei auf je 500 Quadratmetern. „Sie sind mehr Wolf als Hund.“ Freiheitsliebend, wild und nicht ungefährlich. Und als Exoten im Trend. „Die Menschen kommen aber oft schon mit einem normalen Hund nicht klar.“ Eine Wolfshunddame überforderte ihr Herrchen – und wurde deshalb ins Schlafzimmer gesperrt.
„Ein guter Züchter guckt sich die Halter genau an“, sagt Züchterin Heike Schraven aus Essen, Vize-Präsidentin im Deutschen Club für Berner Sennenhunde. Sie steht für die Züchter, die im Film kaum Beachtung finden. „Bei uns steht die Gesundheit des Tieres im Vordergrund.“
Vererbbare Krankheiten der Gelenke würden kontrolliert, alle Zuchthunde geröntgt. Man habe viel in die Krebsforschung investiert und so die Lebenserwartung der Tiere von 7,5 auf 8,1 Jahre erhöht. „Wir tun alles, was möglich ist, um gesunde Tiere zu bekommen. Aber natürlich soll ein Berner auch noch wie ein Bauernhund aussehen.“