München.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hat ihr spätes Handeln im Fall Gustl Mollath erneut verteidigt. Sie habe erst aktiv werden und ein neues Verfahren fordern können, als es einen tatsächlichen Wiederaufnahmegrund gegeben habe, sagte sie am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin".

Das sei erst im November vergangenen Jahres der Fall gewesen - bis dahin habe sie das rechtskräftige Urteil akzeptieren müssen. "Ich habe die Möglichkeiten genutzt, die ich hatte", sagte Merk. Allerdings werfen auch Koalitionspolitiker der Justizministerin vor, die Brisanz des Falls zu spät erkannt zu haben.

Sieben Jahre nach seiner Zwangseinweisung ist der 56-jährige Mollath am Dienstag überraschend aus der Psychiatrie entlassen worden, das Strafverfahren gegen ihn wird wieder aufgerollt. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg angeordnet. Mollath, dessen Nürnberger Haus nach seiner Einweisung zwangsversteigert worden war, soll zunächst bei Freunden unterkommen.

Richter hatten im Fall Mollath Zweifel an einem Attest einer Arztpraxis

Mollath war 2006 als gemeingefährlich in die Psychiatrie eingewiesen worden. Unter anderem soll er seine Frau misshandelt und Autoreifen zerstochen haben.

Die Nürnberger Richter begründeten ihre Entscheidung, den 56-Jährigen freizulassen, nun aber mit Zweifeln an dem Attest der Arztpraxis, die damals die Verletzungen seiner Ehefrau dokumentiert hatte. Nach Angaben des Gerichts war Mollaths Frau im Juni 2002 gar nicht von ihrer Hausärztin selbst, sondern von deren Sohn untersucht worden, der als Weiterbildungsassistent in der Praxis beschäftigt war.

Die Fall Mollath hatte über Bayern hinaus für heftige Empörung gesorgt, Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) war zeitweise politisch schwer unter Druck geraten. Ende 2012 hatte sie dann selbst einen Wiederaufnahmeantrag wegen möglicher Befangenheit eines Richters angeordnet.

Ude bezeichnet Justizministerin als instinkt- und taktlos

Der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Christian Ude, sagte am Mittwoch im Deutschlandfunk, Merk sei zwar als Politikerin nicht für Fehlentscheidungen der Justiz verantwortlich. Sie sei aber instinktlos mit dem Thema und taktlos mit dem Opfer umgegangen.

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Ude bezeichnete Merk als Belastung für die Staatsregierung. "Sie hat Anlass gegeben, Zweifel an ihrer Kompetenz im Umgang mit so schwierigen Fällen zu zeigen, und deswegen meine ich, dass sie zur Belastung dieser Staatsregierung geworden ist."

Freie Wähler werfen Merk Mitverantwortung für Mollaths lange Unterbringung vor

Die Freien Wähler warfen Merk vor, erst auf Druck der Öffentlichkeit ihre Haltung im Fall Mollath geändert zu haben. Der stellvertretende Vorsitzende des Landtagsuntersuchungsausschusses zu dem Fall, Florian Streibl, sagte im Bayerischen Rundfunk, "erst durch die Medien und den politischen Druck hat sie umgedacht. Ansonsten würde sie heute immer noch ihre Unfehlbarkeit behaupten. Und das ist skandalös."

Außerdem warf er der Justizministerin eine Mitverantwortung für die lange Unterbringung vor. "Wenn 2003 oder 2004 das Justizministerium adäquat reagiert hätte, wäre es höchstwahrscheinlich nie so weit gekommen. Merk hätte das Ganze auch verhindern und sehr viel Leid für Herrn Mollath vermeiden können." (afp, dpa)