Essen. . Ein Video der elfjährigen Nada al-Ahda aus dem Jemen über eine angebliche Zwangsheirat bewegt Millionen Menschen. Weil sie zur Ehe gezwungen werden sollte, floh das Mädchen zu ihrem Onkel. Bei Youtube schildert sie ihr Schicksal und sagt: „Tot wäre ich besser dran“.

Sie kommt aus dem Jemen, heißt Nada al-Ahdal und ist elf Jahre alt. Ein Kind noch. Aber eines, das nach eigener Aussage lieber sterben wollte, als einen alten Mann heiraten zu müssen, den ihre Eltern für sie ausgesucht hatten. In letzter Sekunde konnte sie zu ihrem Onkel flüchten. Nun erzählt sie ihre Geschichte. Nicht in einer Zeitung oder im TV, sondern in einem Video bei YouTube. Mehr als sechs Millionen Menschen haben ihr dort bisher zugehört. Nun wird im Netz diskutiert.

Es sind nur drei Minuten. Und wer der Sprache nicht mächtig ist, die sie spricht, der könnte denken, sie erzählt von ihrem Tag in der Schule. Oder einem Ausflug mit den Freundinnen. Mit großen Augen sitzt die Elfjährige da, wirkt ein bisschen aufgedreht, jedenfalls nicht traurig oder ängstlich. Obwohl sie offenbar Grund genug dazu hätte.

Nada flüchtet zu ihrem Onkel

Weggelaufen sei sie, behauptet das junge Mädchen. Fort von ihren Eltern, die sie gegen ihren Willen mit einem viel älteren Mann verheiraten wollten. Und das nicht zum ersten Mal. Vor gut einem Jahr, schreibt das Online-Portal Now, habe nur das Eingreifen ihres Onkels Abdel Salam al-Ahdal eine geplante Zwangsheirat verhindern können. Ein nach Saudi Arabien ausgewanderter und dort zu Geld gekommener Jemenit steht da plötzlich in der Tür und bittet die erfreuten Eltern um die Hand ihrer damals zehnjährigen Tochter. „Ich bekam Panik“, erinnert sich Onkel Abdel. „Ich konnte doch nicht erlauben, dass ihre Zukunft zerstört wurde.“

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Deshalb ruft er beim zukünftigen Ehemann an, macht die junge Braut „schlecht“. Sie singe gerne laut, weigere sich aber, einen Schleier zu tragen. „Wollen sie so ein Mädchen wirklich heiraten?“ Will der Mann dann doch nicht. Die Eltern sind enttäuscht, versuchen weiter, ihr Kind möglichst gewinnbringend in eine Ehe zu treiben. Doch als ein neuer potenzieller Gemahl gefunden ist, flüchtet Nada zu ihrem Onkel, obwohl ihre Eltern angeblich gedroht haben, sie dann zu töten.

„Welcher Mensch tut seinem eigenen Kind so etwas an?“, fragt Nada im Video und droht mit Selbstmord, wenn ihre Eltern sie zwingen würden, nach Hause zu kommen und zu heiraten. „Dann werde ich mich umbringen, einfach so.“ Sie habe in ihrer eigenen Familie gesehen, was mit jungen Mädchen geschehe, die im Kindesalter verheiratet wurden. Eine Tante von ihr habe sich nach Jahren in einer schrecklichen Ehe selbst verbrannt. Sie war erst 14.

Was an der Geschichte dran ist? Unklar.

Was an der Geschichte dran ist, die international für Aufsehen sorgt, ist schwer zu sagen. Es gibt nur Nadas Schilderungen und die ihres Onkels. Nadas Eltern haben sich westlichen Medien gegenüber bisher nicht geäußert. Das Video selbst wurde von einer Organisation namens „Memri“ ins Netz gestellt und übersetzt. Memri beobachtet islamische Medien im Nahen Osten, nimmt es nach Ansicht vieler Experten dabei aber nicht immer genau in Sachen Neutralität und gilt als „israelnah“. Und Nadas Worte klingen an vielen Stellen nicht wie Worte einer Elfjährigen, sondern wie Worte, die man einer Elfjährigen aufgeschrieben hat.

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Unbestritten ist allerdings, dass ihre Videobotschaft auf eines der größten Probleme im Jemen aufmerksam macht. Kinderbräute sind dort weit verbreitet. Viele arme Familien können nicht widerstehen, wenn ein potenzieller Ehemann ein paar hundert Dollar für eine Heirat mit der Tochter bietet. Auch alte Stammestraditionen begünstigen die Unsitte. Nach Schätzungen von Unicef sind etwa elf Prozent der unter 15-Jährigen im Jemen bereits verheiratet. Das Sozialministerium des Landes spricht sogar von mehr als 25 Prozent.

Verletzung der Menschenrechte

Weltweit, schätzt der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (Unfpa), werden jährlich mehr als 14 Millionen Mädchen viel zu jung verheiratet. „Kinderheirat ist eine entsetzliche Verletzung der Menschenrechte“, sagt Unfpa-Direktor Babatunde Osotimehin. „Sie beraubt Mädchen ihrer Ausbildung, ihrer Gesundheit und ihrer Zukunft.“ Nada drückt es in dem Video noch drastischer aus. Sollten ihre Eltern sich mit ihrem Plan durchsetzen, hätte sie nichts mehr. „Tot wäre ich dann besser dran.“