Essen. Sollten wir neue Bekanntschaften googeln? Darf das Telefon beim Rendezvous auf dem Tisch liegen? Was macht man, wenn bei einem romantischen Essen plötzlich das Handy klingelt? Der richtige Umgang mit Smartphone und Internet in Liebesdingen - ein paar Tipps.

Den kleinen Kasten legen wir kaum aus der Hand. Noch nicht einmal bei einer Verabredung. Früher kannte man sich vor dem ersten Date oft kaum, umso größer waren Aufregung und Vorfreude. Und heute? Braucht es nur wenige Klicks auf dem Smartphone und schon erzählt das Internet, wen man da vor der Nase haben wird. Ob es nun die Partybilder bei Facebook sind oder Google, die alte Plaudertasche. Die virtuelle Welt verrät viele Dinge, bevor man in der realen Welt ein einziges Wort miteinander gesprochen hat. Die Marotte setzt sich fort. Nur mal kurz die Mails checken, das wird doch auch bei einem Treffen erlaubt sein, oder? Das Handy ist allzeit bereit.

Ist es altmodisch oder sensibel, das in einigen Situationen unpassend zu finden? Wir haben nachgefragt bei Dr. Hans-Michael Klein, dem Vorsitzenden der Deutschen Knigge-Gesellschaft in Essen.

Grundsätzliches

Ja, dieses Thema scheint ein Lieblingsthema des Knigge-Experten zu sein: „Gesprächskiller Smartphone, darüber könnte ich stundenlang erzählen.“

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Von Birgitta Stauber-Klein

Und sofort spricht er eine Szene an, die jeder so oder ähnlich schon erlebt haben dürfte: Man sitzt gemütlich beisammen, unterhält sich übers Wetter. „Das müssen heute Rekordtemperaturen sein“, vermutet einer – und ein anderer in der Runde zückt umgehend das Smartphone, um die Wetteraufzeichnungen zurück bis ins Jahr 1910 zu recherchieren. Die Unterhaltung? Stockt!

Das Kennenlernen

Sollte man sich allein auf den persönlichen Eindruck bei einem Treffen oder Gespräch verlassen oder einen Flirt vorher googeln, um vielleicht festzustellen, dass er den falschen Fußballverein bevorzugt oder dass sie peinliche Katzen-Bildchen ins Netz stellt?

Der Benimm-Profi hat für die Google-Variante durchaus etwas übrig. „Es ist ohnehin ein Trugschluss, dass wir jemanden unvoreingenommen kennenlernen. Bei einem Treffen entscheiden schon die ersten Sekunden über Sympathie und Antipathie, bevor ein einziges Wort gewechselt worden ist. Dann kann ich mich auch vorher im Internet informieren“, findet Klein.

Die erste Verabredung

Hier differenziert Hans-Michael Klein: Wenn sich junge Leute treffen und lieber zwei Stunden zusammen SMS versenden als miteinander zu reden, „dann ist das in Ordnung, wenn sich alle einig sind“. Mag aber einer nicht mitmachen, dann greift Knigge ein und rät auch dem oder den anderen dringend, das Telefon aus der Hand zu legen. „Es hat etwas mit Wertschätzung zu tun“, sagt Klein.

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Das gilt natürlich erst recht für ein Rendezvous. Doch wenn jemandem erst mit einer Knigge-Regel erklärt werden muss, dass es gerade angebrachter ist, in die Augen des Gegenübers zu blicken als ständig auf das Handydisplay, „ist ohnehin schon alles verloren“. Heißer Tipp für ein noch heißeres Date: Rechtzeitig den Romantik-Modus des Handys aktivieren (also ausschalten).

Tischordnung beim Rendezvous

Und ist der Platz auf dem Tisch noch so begrenzt, das Telefon wird zwischen Fischmesser und Pfeffermühle noch irgendwo untergebracht. Muss das wirklich sein? Manche Stil-Kritiker sagen, dass ein Handy auf keinen Fall etwas auf einem Restauranttisch verloren hat, sobald dieser mit Tischdecke eingedeckt ist, also beispielsweise beim schicken Italiener.

In einer Kneipe sei es etwas lockerer. Hans-Michael Klein rät: „Wenn das Telefon unbedingt auf dem Tisch liegen muss, dann bitte mit dem Display nach unten.“ So springt nicht jede Kleinigkeit, die aufpoppt, ins Auge.

Was tun, wenn’s klingelt?

Wir sitzen bei einem romantischen Essen und der kleine Kasten rappelt. Was nun? Den Anruf annehmen oder wegdrücken? Regel eins: Jedenfalls nicht hektisch werden und womöglich den teuren Rotwein auf der Tischdecke verteilen. Regel zwei: Sich bei der Begleitung für die Störung entschuldigen. Außerdem sagt der Knigge-Fachmann: „Im besten Fall befindet sich das Handy in der Tasche und der Vibrationsalarm ist eingestellt.

Wenn ich den Anruf annehmen möchte, verlasse ich kurz den Tisch und gehe raus, bleibe aber nicht länger als ich auf der Toilette bleiben würde.“ Ob es wirklich angebracht ist, das Essen zu unterbrechen, um einen Anruf anzunehmen, sollte jeder persönlich entscheiden. „Hier geht es wieder um die Wertschätzung.“