Passau/Dresden/Berlin. Das Hochwasser dehnt sich auf weitere europäische Länder aus. In Deutschland ist die Lage gespalten: Während in Passau das Donauwasser sinkt, werden an der Elbe Rekordwerte erwartet. Kanzlerin Merkel sagte 100 Millionen Euro Soforthilfe zu.

Der Bund greift den deutschen Hochwassergebieten mit mindestens 100 Millionen Euro unter die Arme. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte den betroffenen Ländern am Dienstag bei einem Besuch in Passau "unbürokratische Soforthilfe" zu, um die Folgen der Katastrophe zu bewältigen. Der Schwerpunkt der Flut verlagerte sich mittlerweile von Bayern nach Sachsen, wo die Pegelstände der Elbe unaufhörlich stiegen. Aus der in die Elbe mündenden Moldau in Tschechien wurde ein erheblicher Wasserzufluss erwartet. Kritisch wird die Lage in Sachsen-Anhalt, dessen Landesregierung einen Krisenstab einrichtete.

"Der Bund hat gestern erst mal 100 Millionen Euro bereitgestellt", sagte Merkel in der Drei-Flüsse-Stadt Passau. Das Geld sei für Bayern, Sachsen und Thüringen vorgesehen, die den gleichen Betrag beisteuerten. Mit der Summe sei es womöglich nicht getan. "Wenn die Pegel dann zurückgehen, dann werden wir auch noch mal beraten, wie wir dann weitergehen", sagte die CDU-Chefin drei Monate vor der Bundestagswahl. Sie flog später nach Pirna bei Dresden weiter und wurde in Greiz in Thüringen erwartet.

Kein Jahrhundertereignis, sondern "ein Exorbitantes"

Im Gespräch mit Bürgern sei ihr bewusstgeworden, dass die Beseitigung der Schäden viel Zeit erfordern werde. "Das dauert noch Wochen", sagte die Kanzlerin und bedankte sich bei den Helfern von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Polizei und Bundeswehr. Sie zeigte sich betroffen vom Ausmaß der Überschwemmungen. "Es ist sehr wichtig, dass wir hier ein Ereignis haben, das man nicht nur als Jahrhundertereignis, sondern als ein Exorbitantes bezeichnen muss", sagte Merkel.

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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte europäische Solidarität, weil auch Nachbarstaaten betroffen seien. "Es geht einmal mehr darum, europäisch zusammenzustehen", sagte Steinbrück in Berlin. Er sprach den vom Hochwasser Betroffenen zudem seine Anteilnahme aus. Weil er selbst lange in einem Haus in der Nähe des Rhein gelebt habe, könne er sich sehr gut in die schwierige Lage hineinversetzen.

In Passau sinkt der Donau-Pegel langsam wieder

Die FDP will Mittel der staatlichen Förderbank KfW zum Wiederaufbau in den von der Flut betroffenen Regionen einsetzen. Es gehe darum, Programme der Kreditanstalt umzumünzen und auf die Unternehmen in den Flutgebieten zuzuschneiden, sagte Fraktionschef Rainer Brüderle der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin. Zudem regte er an, das bislang von der Opposition im Bundesrat blockierte Vorhaben zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung um die Beseitigung von Flutschäden zu erweitern.

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In Passau entspannte sich unterdessen die Lage. Der Pegel fiel nach offiziellen Angaben bis zum Mittag um mehr als einen Meter auf 11,80 Meter und sollte bis zum Abend um weitere 100 Zentimeter fallen. Der Hochwasserscheitel war am Montagabend mit 12,89 Metern erreicht worden - ein Rekordwert seit Jahrhunderten.

Altstadt von Dresden nach 2002 erneut von Hochwasser bedroht

In Sachsen gaben die Behörden am Morgen entlang der Elbe Hochwasseralarm. Die Pegelstände stiegen wegen der aus der Moldau zufließenden Wassermassen kräftig an und lag am frühen Vormittag nach Angaben des sächsischem Umweltministeriums bei 7,35 Meter. Bis Donnerstag wird ein Anstieg um 1,5 Meter erwartet. "Es ist doch eine sehr kritische Situation", sagte ein Sprecher. Auch die historische Altstadt von Dresden ist damit nach dem Jahrhunderthochwasser von 2002 erneut bedroht.

Betroffen von den erwarteten Wassermassen sind alle Orte entlang der Elbe wie Bad Schandau, Pirna, Riesa oder Meißen. Die weltbekannte Porzellan- und Weinstadt steht bereits unter Wasser. In Sachsen sind nach Angaben des Innenministeriums 9400 Kräfte unter anderem von Polizei und Feuerwehr im Einsatz. Auch die Bundeswehr ist präsent. 10.000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.

Wassermassen der Moldau strömen in die Elbe

In Tschechien entspannte sich die Lage angesichts der nach Sachsen abfließenden Wassermassen. Einige Vororte der Hauptstadt Prag standen aber noch unter Wasser. Allerdings konnte die historische Altstadt dank Metallbarrieren vor einer Überschwemmung geschützt werden. In Tschechien, Österreich, Polen und Deutschland kamen im Hochwasser elf Menschen ums Leben. Dauernde Regenfälle und Hochwasser beeinträchtigten in Süddeutschland die Rhein-Schifffahrt.

In Sachsen-Anhalt meldeten 20 der 41 Pegel Hochwasser. Ministerpräsident Reiner Haseloff ordnete die Bildung eines Krisenstabs an, der den Einsatz der Hilfskräfte koordinieren soll. In der Landeshauptstadt Magdeburg wurden erste Sandsäcke zur Sicherung der Elbdeiche verlegt. Die Verwaltung löste Katastrophenalarm aus. (rtr/dpa)