Essen. Klaus Fiehe ist Einslive-DJ und Plattensammler. Im Gespräch mit DerWesten spricht der Saxophonist und Sänger der NDW-Band Geier Sturzflug über Lagerprobleme mit 40 000 Platten, psychedelische Cover und schlechte Musik der 80er Jahre.

Niemand erzählt Musik im Radio so ungezwungen und gleichzeitig so fundiert wie Klaus Fiehe. Seine Sendungen „Fiehe“ (sonntags, 22 Uhr) und „Plan B mit Klaus Fiehe“ (dienstags, 0 Uhr) gehören zu den letzten Autorensendungen im deutschen Rundfunk. Darin schlägt er jede Woche den Bogen von elektronischer Musik wie Drum'n'Bass zu Rock, Punk und Jazz. Als aus WDR 1 die Welle Einslive wurde, war Klaus Fiehe der einzige aus dem alten Team, der blieb. Seine Hörer duzt er konsequent – und so macht er das auch in unserem Gespräch über Vinyl zum Tag der Schallplatte.

Wikipedia behauptet, du hättest 40 000 Schallplatten. Hast du das gewusst?

Klaus Fiehe: Ja, das stimmt ungefähr. Ich zähl’ die natürlich schon länger nicht mehr nach. Aber ich denke, das kommt hin. Wobei ich auch meine CDs mit dazuzähle. Bleibt bestimmt immer noch eine Zahl von 20 000 oder 25000 Vinylplatten.

Und alle sind schon mal gehört worden?

Fiehe: Die meisten, ja. Zumindest mal kurz angehört.

Die Frage aller Fragen: Wie sortiert man die? Alphabetisch, chronologisch, autobiographisch?

Fiehe: Das ist eine schwierige und eine gute Frage. Bei Bob Dylan oder bei Abba kommen die Sachen ganz klar unter DY beziehungsweise A und AB, da bin ich streng alphabetisch. Das geht bei Artists, die eine Geschichte haben oder als Gruppe klar zu identifizieren sind. Auf anderen Terrains macht das wenig Sinn, weil insbesondere in der elektronischen Musik viele Künstler unter verschiedenen Namen auftreten und ständig die Labels wechseln. Da bin ich dazu über gegangen, teilweise nach Labelnamen zu sortieren oder auch nach Styles. Ich hab’ zum Beispiel tonnenweise Drum'n'Bass. Da wüsste ich gar nicht wie ich das anders sortieren soll, als dass ich das einfach als Drum'n'Bass abstelle.

Wie lagert man denn bitte 40 000 Platten?

Fiehe: Das ist teilweise kostspielig (lacht). Ich habe den ganzen Keller regalt, wenn man das so sagen kann. Der ist voll mit Regalen - und wir haben glücklicherweise einen extrem großen Keller. Es gibt allerdings etliche Platten, die noch nicht einsortiert sind. Ich wohne jetzt seit sieben, acht Jahren in Solingen und bin immer noch nicht fertig. Es kommt ja auch immer was dazu. Ich bestelle fast jede Woche Sachen aus England in Waltrop, da sitzt eine gute Import Company.

Kommen jetzt nur noch CDs hinzu?

Fiehe: Vinyl, CD und MP3. Viele Plattenfirmen sind dazu übergangen, Muster im MP3-Format zu schicken. Ist keine besonders schöne Entwicklung, aber ich kann der nicht aus dem Weg gehen. Und die MP3s brenne ich mir dann auf CD.

Womit arbeitest du als DJ am liebsten?

Fiehe: Zu 75 Prozent mit Vinyl, der Rest sind CDs.

Kann man bei 40 000 Stück eine Lieblingsplatte haben?

Fiehe: Nein, das wechselt sehr stark. Ich bin wassermännisch unstet. Musikalisch bin ich jetzt durch mehrere Jahrzehnte gegangen. Die 70er und 90er haben mir ganz gut gefallen.

Die 80er nicht?

Fiehe: Ich bin nicht der größte Fan der 80er. Insbesondere aufgrund der Sounds, die damals verwendet worden sind. Weil ich gerne Jazz höre, mag ich einen warmen, organischen Klang. Und auch die ganzen Jazz-Produktionen der 80er finde ich teilweise schrecklich. Die versuchten, ihre hypermoderne Elektronik da unterzubringen, und das fand ich ein bisschen verquer. Aber ich will die 80er nicht völlig disqualifizieren. Das wäre grundfalsch. Die 70er und 90er sind mir einfach näher. Auch die nuller Jahre.

Die Neue Deutsche Welle mit Geier Sturzflug war in den 80ern.

Fiehe: Aber ich finde rückblickend von Geier Sturzflug auch nur zwei, drei Songs wirklich gut.

Welche denn?

Fiehe: „Karibische Gefühle“ wurde sehr viel im Radio gespielt, obwohl der nie als Single veröffentlich wurde. Den mochten viele Radioleute. Das war ein sehr atmosphärisch daherkommender, klassischer Reggae-Song. Sehr langsam gespielt.

Erinnerst du dich an deine erste Platte?

Fiehe: Ich bin Jahrgang '57, ich tippe auf Simon & Garfunkel. „Bridge Over Troubled Water“. Ich glaube, das war das erste Album, das ich mir vom Taschengeld gekauft habe. (lacht)

Hast du ein emotionales Verhältnis zu Vinyl-Tonträgern?

Fiehe: Absolut. Ich mag schöne Cover. Ich mag auch die Tatsache, es als physisches Produkt in der Hand zu halten. Nichts ist so unübersehbar wie ein gut gemachtes Album. Das hat auch ganz praktische Gründe: Man findet’s recht schnell.

LPs mit guten Covern sehen besser aus als CDs.

Fiehe: Ja. Und und sie haben viele interessante Zusatzinformationen. Ich bekomme manche Alben sowohl auf Vinyl, als auch auf CD. Die Vinyl-Alben haben ganz andere und üppigere Booklets. In CD-Booklets wirst du den Namen irgendwelcher Background-Sängerinnen zum Teil gar nicht mehr finden.

Das beste Plattencover aller Zeiten?

Fiehe: Gute Frage. Ich mag psychedelische Cover. „Sergeant Pepper“ von den Beatles. Oder „Disraeli Gears“ von Cream. Mir gefällt das Bunte, das Surreale.

Zum Schluss die Glaubensfrage: Klingen Vinylplatten besser?

Fiehe: Neil Young sagt ja. Ich tendiere auch dazu, weil sie weniger klirren. Im Bass-Schlagzeug-Bereich haben sie eine angenehmere Wärme. Ob das nur Einbildung ist, weiß ich nicht. Wobei es auch schlecht gepresste Platten gibt. Hochjubeln muss man Vinyl auch nicht.