Duisburg. 1972 qualifizierte sich „Waldi“ sogar für die Olympischen Spiele - als Maskottchen. Doch später wurde es immer ruhiger um den Dackel. Man sah ihn kaum noch. Jetzt ist er wieder da – und vor allem bei jungen Leuten beliebt.
Diese Dackel! Manchmal sind sie nicht zu halten. So wie kürzlich in Hattingen. Da hatte einer seine neugierige Nase derart tief in ein Abflussrohr gesteckt, dass die Feuerwehr das Tier freilegen musste. In Korkenhaltung hatte es festgesessen. Ein Unglück, das wohl auch etwas mit den Charakterzügen des Hundes zu tun hatte. Dackel gelten als angstfrei, ausdauernd und feinnasig – das kann zu Komplikationen führen. Aber so ein Dackel lässt sich nicht kleinkriegen, der gutmütige Bursche.
Nicht so knuffig wie der Mops
Dabei sah es zuletzt gar nicht gut aus. Vor fünf, sechs Jahren hatten einige Medien ihn schon fast beerdigt. „Der deutsche Dackel darf nicht sterben“, titelte die Welt 2007. „Stirbt der Dackel aus?“, fragte der Stern im selben Jahr. Die Konkurrenz zog davon und die Gründe lagen auf der Hand: Nicht so knuffig wie der Mops, nicht so pfiffig wie der Jack Russell, nicht so gefällig wie der Labrador. Noch dazu passt ein Dackel nicht gut in die Handtasche und sieht mit einer Schleife im Haar albern aus, – als Accessoire in der Bussi-Bussi-Gesellschaft taugt er also auch nicht.
Welche Hunde beliebt sind, das hängt zudem vom Zeitgeist ab: In der Phase der Lassie-Filme waren Collies der Renner, dann gab es die Dalmatiner-Jahre („101 Dalmatiner“) und die Chihuahua-Ära (Paris Hilton), zuletzt hat US-Präsident Barack Obama den Portugiesischen Wasserhund populär gemacht.
Modehund zu sein, ist kein Kompliment
In solchen Fällen ist schnell von „Modehunden“ die Rede, was nicht als Kompliment verstanden werden darf. „Zuchtvereine mögen es nicht, wenn ihr Hund eine Moderasse wird“, sagt Jan Schürings ganz deutlich. Schürings ist Geschäftsführer des Deutschen Teckelklubs in Duisburg. Er warnt, dass Modehunde Gefahr laufen, auch von unseriösen Haltern und Züchtern bevorzugt zu werden. Von solchen, die ihren Hund als Schmuckstück betrachten und ihn ablegen, wenn er wieder out ist.
Dabei galt auch der Dackel mal als Modehund. 1972, als in Deutschland fast 30.000 Dackelwelpen geboren wurden. Damals war „Waldi“ das Maskottchen der Olympischen Spiele in München und ein Star. Im selben Jahr zog Gustl Bayrhammer als Münchner Tatort-Ermittler Veigl mit seinem „Oswald“ durch die Unterwelt. Ein Hund wurde Kult, vor allem in Süddeutschland. Viel fehlte nicht mehr und der Dackel hätte den Löwen als Wappentier in Bayern abgelöst. Doch dann ging’s auf kurzen Beinchen bergab.
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Die Menschen fanden die Rasse gestrig, spießig, uncool. 2010 kamen rund 6000 Welpen in Deutschland zur Welt. Die Zukunft des Tieres schien auf dackeligen Füßen zu stehen.
Inzwischen geben Hundeexperten Entwarnung. Jan Schürings sagt: „Man muss sich um den Dackel keine Sorgen machen. Die Geburtenrate bleibt jetzt beständig. Der Dackel stellt die zweitgrößte Welpenzahl in Deutschland, nur Schäferhunde bekommen mehr Nachwuchs, etwa doppelt so viel.“
6500 Dackelwelpen, aber nur 693 kleine Möpse
Zuletzt wurden 6500 Dackel in Deutschland geboren – damit sind aber nur die Meldungen der Vereinsmitglieder gemeint. Nach einer Schwemme klingt das nicht. Doch zum Vergleich: Zur gleichen Zeit kamen bloß 2100 Golden Retriever zur Welt und sogar nur 693 kleine Möpse – „trotzdem meinen viele Menschen, dass man diese Hunde ständig sieht“, sagt Schürings. Vielleicht weil sie auffälliger sind. Beim Dackel geht es mehr um die inneren Werte. Hier bekommt der Besitzer viel Charakter verteilt auf wenig Hund geboten. Ein Dackel gilt als Familienhund, weil er anpassungsfähig ist und gute Laune hat. „Er ist zwar ein Jagdhund, aber er braucht die Jagd nicht“, sagt der Mann vom Teckelklub.
Das Durchschnittsalter der Klubmitglieder sinkt – ein Indiz dafür, dass der Dackel bei jüngeren Menschen beliebter wird, was vielleicht etwas mit deren Sehnsucht nach Nostalgie, nach Verlässlichkeit und Ehrlichkeit in schwierigen Zeiten zu tun hat. So wie es sich auch in der neuen Landlust ausdrückt.
Am Ende der Leine tauchen also nicht mehr zwangsläufig Rentner oder Jäger auf, sondern auch junge Paare und Kinder. Man muss zwischen den ganzen Möpsen und Retrievern einfach mal genauer hinsehen, dann entdeckt man die Dackel wieder.
Was der Dackel mag
Teckel? Dackel? Dachshund? Was ist der Unterschied? Es gibt keinen. Aber es gibt drei Haararten: Kurz-, Lang- und Rauhaar. Das ist er: Der kleinste Jagdhund und trotzdem ein Hund für jedermann. Er ist mutig und sucht die Nähe seines Menschen, in der Wohnung fühlt er sich wohler als im Zwinger. Trotz der kurzen Beine mag er Spaziergänge. Im Durchschnitt wird der Dackel 13 Jahre.
Adressen und Termine
Hier gibt es ihn: Adressen von Züchtern halten der Deutsche Teckelklub in Duisburg (www.dtk1888.de, 0203/
330 005) und der Verband für das Deutsche Hundewesen in Dortmund (www.vdh.de, 0231/
565 000) bereit. Hier sieht man ihn: Sein 125-jähriges Bestehen feiert der Deutsche Teckelklub mit den schönsten Dackeln der Welt bei einer Ausstellung in Verl (27./28. Juli, Ostwestfalenhalle, Paderborner Straße 408).