Nürnberg.. Der 20. März ist der Internationale Glückstag. Was ist Glück? Und wie viel hat die Lebenszufriedenheit mit dem Arbeitsalltag zu tun? Karlheinz Ruckriegel, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg, beantwortet die wichtigsten Fragen. Er hat sich auf die Glücksforschung spezialisiert.

Der 20. März ist von den Vereinten Nationen zum „International Day of Happiness“, also dem Internationalen Glückstag, erklärt worden. Was ist Glück? Gibt es da eine Antwort für alle? Und wie viel hat die Lebenszufriedenheit mit dem Arbeitsalltag zu tun? Fragen an einen, der es wissen muss: Karlheinz Ruckriegel, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule in Nürnberg. Die Glücksforschung ist einer seiner Arbeitsschwerpunkte.

Was ist für Sie Glück?

Karlheinz Ruckriegel: Die Glücksforschung hat da eine Reihe von Faktoren ausgemacht, die auch für mich gelten. Ganz wichtig sind liebevolle soziale Beziehungen, Gesundheit, eine befriedigende Arbeit, persönliches Engagement und persönliche Freiheit. Natürlich muss auch das Materielle passen. Das ist bei mir genauso. Wichtig sind: Familie, Freunde , Bekannte, die Arbeitskollegen. Für meine Gesundheit tue ich auch was, ich bewege mich, ernähre mich vernünftig.

Glücksforscher Prof. Karlheinz Ruckriegel
Glücksforscher Prof. Karlheinz Ruckriegel © Unbekannt | Unbekannt

Wichtig ist auch die innere Einstellung zum Leben, Dankbarkeit. Man sollte einmal drei Dinge am Tag notieren, für die man dankbar sein kann. Das können kleine Sachen sein. Etwa, dass man ein Kompliment bekommen hat. Wenn man das einige Zeit praktiziert, geht man mit einer anderen Sichtweise durch das Leben. Man sollte auch vermeiden, sich mit anderen zu vergleichen und sich an eigenen Zielen orientieren.

Hängt das Glück nicht auch vom Geldbeutel ab?

Ruckriegel: Befragungen zur Lebenszufriedenheit zeigen: Obwohl in den westlichen Industrieländern die Einkommen seit den 1960er Jahren massiv gestiegen sind, nahm die durchschnittliche Lebenszufriedenheit in diesen Ländern seither kaum mehr zu. Also: Wie es der Autor und Verleger Florian Langenscheidt einmal ausgedrückt hat: Das Glück wohnt nicht im Tresor. Die Glücksforschung hat herausgefunden, dass das subjektive Wohlbefinden zunächst steigt, je mehr Geld ein Mensch zur Verfügung hat.

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Allerdings hat der Glücksatlas 2011, erstellt von Wissenschaftlern für Deutschland, gezeigt, dass ab einem Monatseinkommen von rund 5000 Euro netto eine Grenze erreicht ist. Weitere Steigerungen führen kaum mehr zu einer Erhöhung der Lebenszufriedenheit. 5000 Euro sind nicht gerade wenig, aber es kommt hier nicht so sehr auf das absolute Einkommen an, sondern auf die Stellung in der Gesellschaft und die persönliche Freiheit, die gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung, die damit verbunden sind. Selbstständige zum Beispiel geben, obwohl sie sehr viel arbeiten müssen, meist an, glücklich zu sein. Weil sie eben viel Freiheit haben, auf das einzuwirken, was sie tun.

Oder nehmen Sie die Beispiele Schweden und Dänemark: Da gibt es in der Gesellschaft nicht so große Unterschiede bei der Einkommens-Verteilung. Die Menschen dort haben, in Umfragen, wie etwa dem Eurobarometer, deutlich bessere Zufriedenheitswerte als bei uns. Hinzu kommt, dass die Status-Unterschiede in Skandinavien nicht so eine Rolle spielen. Da werden alle Menschen eher als gleich angesehen, was offenbar zur persönlichen Zufriedenheit beiträgt.

Haben wir Deutschen das Glück verlernt? Eigentlich sind wir doch ein Land der langen Gesichter. Es wird viel genörgelt, kritisiert.

Ruckriegel: Das Problem, das viele Menschen haben, ist, dass sie eher das Negative wahrnehmen und das Positive wird nicht richtig gesehen. Auf das Thema Glück, Zufriedenheit wurde in Deutschland lange nicht so viel Wert gelegt. Außerdem brauchen wir wieder mehr materielle Verteilungsgerechtigkeit und bessere Bildungschancen für alle.

Psychische Erkrankungen nehmen hierzulande dramatisch zu. Eine Reaktion auf unsere Arbeitswelt?

Ruckriegel: Beim Führungsstil in Unternehmen liegt oft einiges im Argen. Mitarbeiter werden nicht genug als Menschen wahrgenommen. Wir haben uns in Deutschland seit den 1980er Jahren anstecken lassen von dem Shareholder-Value-Denken – also die überwiegende Ausrichtung auf die kurzfristige Gewinn-Maximierung. Das schlägt sich in vielen Großunternehmen, aber auch bei mittelständischen und kleinen Firmen nieder.

Was macht das mit Menschen und ihrer Lebenszufriedenheit?

Ruckriegel: Der Mitarbeiter wird als Kostenstelle und nicht als Mensch gesehen. Man ging früher davon aus, dass Menschen so funktionieren: Wenn man von den Leuten mehr Leistung will, muss man ihnen mehr Geld zahlen. Der Mensch wurde als Automat betrachtet. Emotionen spielen keine Rolle, meinte man. Das wurde auch so an den Hochschulen vermittelt, das war die überwiegende Sichtweise in den Wirtschaftswissenschaften!

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Heute weiß man, dass eine mangelnde Wertschätzung von Mitarbeitern, zu wenig Lob und Menschlichkeit in Unternehmen eben oft zu inneren Kündigungen und höheren Krankenständen führen. Und dies hat negative Folgen für die Firmen, aber auch für das Privatleben der betroffenen Menschen.

Wohin wird das führen?

Ruckriegel: Unternehmen müssen sich da umstellen, auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Es gibt bei uns immer weniger junge Leute, die als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Und man weiß, dass vor allem die junge Generation beruflich nicht mehr ausschließlich Wert auf die Karriere legt. Sie will auch die Möglichkeit haben, insgesamt ein zufriedenes, glückliches Leben zu führen.

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Dazu gehört dann etwa auch, dass man Zeit für die Familie und für Freunde hat – und natürlich eine Arbeit, die einen erfüllt. Unternehmen werden aufgrund der Arbeitskräfte-Knappheit nicht mehr daran vorbeikommen, mehr für das Wohlbefinden, das Glück ihrer Mitarbeiter zu tun, wollen sie nicht Probleme bekommen, qualifizierte Arbeitnehmer zu finden.