Essen. . Wer regelmäßig zur Bürste greift, reinigt lediglich etwa 70 Prozent der Zahnoberfläche. Die Zwischenräume brauchen eine Spezialpflege. Und mehr noch: Alle zehn Jahre sollte die Putztechnik überprüft und bei Bedarf korrigiert werden.
Mit dem Presslufthammer zertrümmern Karius und Baktus die Zähne des kleinen Max. Die bösen Bakterien bohren, so viel sie nur können. Auch Stefan Zimmer, Leiter des Lehrstuhls für Zahnerhaltung an der Universität Witten/Herdecke, kennt den norwegischen Puppenfilm (1954) und weiß: Ganz korrekt ist diese Zahnputz-Erziehung nicht. Schließlich sind Bakterien im Mund nichts Schlimmes – sie sind entscheidend für die Mundflora. Weil sich aber auch „Streptococcus mutans“, das Karies-Bakterium Nummer Eins, in unserem Mund aufhält, sollte man wissen wie man seine Beißerchen am besten schützt.
Der Irrtum
Zwei Mal pro Tag zur Zahnbürste greifen reicht? Nein. Ecken und Zwischenräume erreicht man mit der Bürste nicht, sie reinigt die Kauflächen und glatten Zahnseiten. „Das entspricht ungefähr 70 Prozent der Zahnoberfläche“, erläutert Zimmer. Wer regelmäßig bürstet, wird den bakteriellen Zahnbelag (Plaque genannt) immerhin teilweise los, bevor er sich zu Zahnstein verfestigen kann. Wer nicht – oder vielleicht nicht richtig und gründlich putzt – bei dem lagern sich die Mineralien des Speichels am Zahn an, die nur noch der Zahnarzt entfernen kann. Einmal pro Jahr übernimmt zwar die Krankenkasse die Zahnsteinentfernung. Ausruhen darf man sich auf der Wirkung der jährlichen Reinigung wirklich nicht. Doch es gibt ja noch Plaque-Zahnfärbetabletten.
Den Selbsttest machen
Einfach mal zur violett-roten Tablette greifen, die Zähne einfärben und so lange putzen, bis die Zähne strahlen. Für Zimmer ist das eine Art Mini-Patentrezept. Beim Abputzen der Einfärbung merkt man genau, welchen Zahn man mit seiner Putztechnik nicht erreicht und wie lange man eigentlich für die gründliche Zahnreinigung braucht. Nötig sind etwas Zeit, Obacht bei der Anwendung (nicht schlucken!) und eine kleine Investition (sechs Tabletten kosten etwa 4 Euro).
„Das Problem beim Zähneputzen ist, dass man einfach nicht selber sieht, wo man noch länger putzen muss“, sagt Zimmer. Einen Teller schrubbe man doch auch so lange bis er sauber sei. Doch Zähne gelten als gut geputzt, wenn man drei Minuten lang die Bürste schwingt – führt Zimmer an: „Aber jedes Gebiss ist anders, darum braucht jedes auch eine andere Putzzeit“. Je älter ein Mensch sei, umso länger sind seine Zähne – darum erhöht sich mit dem Alter auch die benötigte Putzzeit.
Auch die Härte der Zahnbürste lässt sich mit dem Test gut überprüfen: Je härter die Bürste ist, umso mehr Zahnbelag entfernt sie. Wer also eine weichere Bürste vorzieht, braucht meist mehr Zeit, um alles gründlich zu putzen – wie viel, zeigt der Test.
Alle zehn Jahre solle man seine Putztechnik mit Hilfe der Einfärbetabletten testen und korrigieren. Was man übrigens auch beim nächsten Zahnarztbesuch machen kann, der dann direkt Profitipps parat hat. Wenn man weiß, dass man richtig putzt, muss man eigentlich nur noch täglich fleißig sein.
Zahnzwischenräume
Gerade für Erwachsene gilt, sie müssen etwas für das Dazwischen tun. Denn im Grunde vernachlässigen wir fast alle unsere Zahnzwischenräume, dabei gibt es allerlei Putzhilfsmitteln.
Wer zum ersten Mal zu Zahnseide und Co. greift, bei dem wird das Zahnfleisch sehr wahrscheinlich bluten. Es blutet aber nicht, weil man sich verletzt hat, sondern weil man dort bereits eine kleine offene Wunde hatte, verursacht durch Zahnbelag. Nach zehn Tagen sollte das Bluten wieder verschwinden, weil kein Zahnbelag mehr für Reizungen sorgt.
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Möglich macht das ein Klassiker: die Zahnseide. Ob man gewachste oder ungewachste Seide nutzt, ist laut Zimmer nicht entscheidend. Man solle die Sorte wählen, mit der man gut klarkomme. „Leider nutzen nur etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung regelmäßig Zahnseide“, sagt der Mediziner. Die Verwendung ist zudem gar nicht so einfach – kaum einer nutze sie korrekt. Zimmers Tipp: Beim Zahnarztbesuch sollte man sich die Anwendung immer wieder zeigen lassen.
Bei Brücken oder Implantaten greift man zur Spezialzahnseide. Sie hat einen flauschigen Mittelteil, der größere Zahnzwischenräume besser reinigt. Grundsätzlich gilt: Für jeden Zwischenraum nutzt man ein neues Stück der Zahnseide. Bei einer Anwendung werden so gut 50 Zentimeter Zahnseide verbraucht.
Wer größere Zwischenräume hat greift zur Zahnzwischenraumbürste, kurz Interdentalbürste. Mit ihr soll man jeden Zwischenraum täglich bürsten: also ein paarmal vorsichtig hineinstecken und hinausziehen. Allerdings muss man auf die richtige Bürstengröße achten. Am besten lässt man sich vom Zahnarzt beraten. Will man schwer erreichbare Stellen putzen, kann man die Bürste verbiegen. Gut sei es ein Fluoridgel zu verwenden. Ist die Bürste abgenutzt, sollte man sie austauschen (meist nach zwei Wochen). Sechs Stück kosten etwa 6 Euro.
Zahnpasta & Putztechnik
Wer seine Zahnpflege gründlich optimieren will, wirft einen kritischen Blick auf Zahnpasta und Putztechnik. Statt zu kreisen, zu schrubben oder horizontal zu bürsten, soll man von rot nach weiß fegen. Ideal sind kleine rüttelnde Bewegungen, die den Zahnbelag lösen. Geputzt wird am besten direkt nach der Mahlzeit. Für die Zahnpasta empfiehlt Zimmer einen Fluoridgehalt von 1400 bis 1500 ppm (siehe Kleingedrucktes auf der Tube).
Profi-Reinigung
Wer die Zahnhygiene neben der täglichen Putzerei gründlich angehen will, lässt putzen. Bei der professionellen Zahnreinigung (PZR) werden zuerst alle Beläge entfernt. Zahnstein wird weggekratzt, Verfärbungen mit einem Luft-Wasser-Salzgemisch weggespült, Zwischenräume mit Zahnseide und kleinen Bürstchen gesäubert. Danach werden die Zähne poliert. Zum Schluss wird ein fluoridhaltiger Lack aufgetragen, der die Zahnoberfläche schützt.
Das Verfahren dauert gut eine Stunde lang. Es ist schmerzarm. Wer keine Zahnzusatzversicherung hat, die die PZR abdeckt, muss die Behandlung in der Regel selber bezahlen (40 bis zirka 150 Euro). Über den Nutzen der PZR ist allerdings ein Streit ausgebrochen. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen (MDS) bemängelt, der Nutzen sei nicht erwiesen.