Witten. . Am besten elektrisch putzen, vier Minuten lang, und täglich Zahnseide benutzen: Wer seine Zähne richtig pflegen will, braucht Zeit - und die richtige Technik. Studierende der Uni Witten-Herdecke lernen und lehren in der dortigen Zahnklinik die perfekte Zahnpflege. Ein Besuch mit Selbstversuch.

Pädagogisch sind die beiden schon gewieft: Immer das Positive betonen und vor den Korrekturtipps Lob verteilen. Deshalb sagt Jeanette Gumpp: „Gut haben sie geputzt.“ Und Sophie Zentzius ergänzt: „Das war schon zu sehen, als sie mit der Bürste hantiert haben.“ Dann erst lassen sie mich im Spiegel die Bescherung sehen: alles rot. Und das heißt: überall Plaque.

Ort des Geschehens ist die Zahnklinik der Uni Witten/Herdecke, die freundlichen jungen Damen sind Studentinnen im vierten Semester, und was sie gerade mit mir veranstalten, haben sie im zweiten Semester selbst erfahren. Um zu lernen, wie intensiv eine Zahnreinigung betrieben werden sollte.

Zahnseide für die Zwischenräume

Die Demonstration beginnt mit normalem Zähneputzen. Jeanette, 22, aus Würzburg, und Sophie, 21, aus Luxemburg, schauen zu, sagen aber noch nichts. Dann bekomme ich das Färbemittel aufgetragen. Einmal spülen, dann gucken: Es wimmelt nur so von Belägen, in denen Keime nisten, die Karies bringen. „Auf den Flächen sieht es aber sehr gut aus“, tröstet Jeanette. „Das Problem sind die Zwischenräume und die Zahnhälse“, benennt Sophie die Krisenregion.

Aber die beiden wollen mir helfen bei der Krisenbewältigung. Für die Zwischenräume: Zahnseide. Großzügig abreißen, damit sie nicht aus den Fingern flutscht. Vorsichtig zwischen die Zähne führen und nicht hektisch hin- und herreißen. „Da haben sich schon Leute Kerben in den Zahnschmelz geritzt“, warnt Sophie. Richtig geht so: Auf jeder Seite vorsichtig fünfmal auf und ab fahren. Dann in den nächsten Zwischenraum. Das dauert. Sollte aber täglich erfolgen.

Ein Zungenschaber wird empfohlen

Und was ist mit den roten Plaque-Stellen oben an den Zähnen? Jeanette rät zur „modifizierten Bass-Technik“: Zahnbürste oben ansetzen, so dass die Borsten in die Zwischenräume greifen, leichte Rüttelbewegungen vollführen, dann nach außen wischen. Braucht auch mehr Zeit als gewohnt. Das ist gewollt: Vier Minuten sollten die Norm sein. Meine elektrische Bürste zu Hause gibt schon nach zwei Minuten das Signal zum Aufhören.

„Aber elektrisch ist schon besser“, lobt mich Jeanette. „Die schnellen kleinen Kreiselbewegungen bekommt die Hand nicht hin.“ Noch besser wäre nur eine Bürste, die mit Schall arbeitet. Und ein Zungenschaber wäre zu empfehlen. Und eine Mundspüllösung. Und kleine Spezialbürsten für die Zwischenräume. Und einmal die Woche ein Spezial-Lack.

Überzeugungsarbeit bei den Patienten

Wer seine Zähne perfekt pflegt, hat offenbar für wenig anderes Zeit. Waren die angehenden Zahnärztinnen selbst immer so perfekt? Nicht ganz. Sophie hat früher nur selten Zahnseide benutzt, Jeanette die Eckzähne vernachlässigt. Was ein typischer Fehler ist. Wie das Vergessen der Siebener, die nachlässige Behandlung der Zahninnenseiten und nach hinten stehender Zähne. Aber das Hauptproblem ist zu frühes Aufhören beim Schrubben wegen Langeweile.

„Die Studierenden sollen möglichst früh lernen, welche Überzeugungsarbeit sie später bei ihren Patienten leisten müssen“, sagt Oberärztin Mozhgan Bizhang. Ich fühle mich überzeugt. Schon durch den Charme der beiden Studentinnen. Wie lange das vorhält, wird sich zeigen. Schlimmstenfalls wieder in Signalrot.