New York. Hunderttausende Haushalte ohne Strom und tausende gestrichene Flüge: An der US-amerikanischen Ostküste haben starke Schneefälle und hohe Windgeschwindigkeiten einen heftigen Wintersturm eingeläutet. “Nemo“ hat Boston besonders schwer erwischt. Die Großstadt wirkt wie eingefroren.
Der Wintersturm "Nemo" hat die Ostküste der USA
überrollt. Anhaltende Schneefälle und mächtige Windböen froren das öffentliche
Leben ein. Mehr als 650 000 Haushalte und Betriebe waren nach Medienberichten am
Samstag zeitweise ohne Strom und meist ohne Heizung. Rund 5300 Flüge und alle
Zugverbindungen mussten gestrichen werden, Autobahnen und Innenstädte waren in
einigen Landstrichen wie verwaist. Der Schnee türmte sich in einigen Gegenden
von Connecticut bis Samstagmorgen (Ortszeit) auf fast 90 Zentimeter. Teilweise
erreichte der Sturm Geschwindigkeiten von 120 Kilometern pro Stunde, bevor er am
Vormittag auf den Ozean hinauszog. Mindestens ein Todesopfer hat "Nemo" gefordert.
Für fünf Nordost-Staaten riefen die
Behörden den Ausnahmezustand aus, 5000 Nationalgardisten waren alarmiert,
tausende Räumtrupps rückten aus. Sturm und Stromausfälle trafen auch Gebiete,
die bereits vor drei Monaten vom Hurrikan "Sandy" teilweise verwüstet worden
waren. Damals waren mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Hunderttausende
waren wochenlang ohne Strom. Der Blizzard vom Samstag könnte dort später auch zu
Überflutungen führen. Sie sollten nach Ansicht von Experten jedoch weniger
schlimm als bei "Sandy" ausfallen.
Gefühlte Temperaturen von bis zu minus 32 Grad
Der schwere, nasse Schnee und der
heftige Wind mit gefühlten Temperaturen von bis zu minus 32 Grad habe dieses Mal
vor allem im Staat Massachusetts die Stromleitungen beschädigt, berichtete der
Sender NBC. Dort hätten in der Nacht zum Samstag rund 400 000 Kunden keinen
Strom mehr gehabt. Auch in Rhode Island und Connecticut saßen Zehntausende im
Dunkeln und in der Kälte. Laut "New York Times" wurde das Atomkraftwerk in
Plymouth am Freitagabend abgeschaltet, da die Stromversorgung von außen
unterbrochen worden war. Es bestand keine Gefahr für die Bevölkerung, erklärten
die Behörden.
Schneesturm Nemo in den USA
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Am Samstagmorgen konnte der Strom in manchen Gegenden
bereits wieder hochgefahren werden, hieß es bei CNN. Energieausfälle treten in
den USA häufig auf: Das Stromnetz des Landes gilt wegen vieler Überlandleitungen
und veralteter Masten als besonders anfällig. Zuletzt hatte ein halbstündiger
Blackout während des American-Football-Finales Superbowl für Aufsehen
gesorgt.
Tausende Flüge und alle Zugverbindungen gestrichen
In der Sturm-Region wurden rund 5400 Flüge und alle
Zugverbindungen gestrichen. Mehr als 60 Flughäfen seien betroffen, meldete die
Webseite "Flight Aware". Auch Flüge aus Deutschland an die Ostküste, etwa von
Frankfurt/Main, wurden annulliert. Der Bostoner Logan Airport bleibe wegen
Schneehöhen um die 30 Zentimeter bis Sonntag geschlossen, berichtete CNN. Auch
auf den New Yorker Flughäfen Newark und La Guardia waren einige Abflüge und
Landungen abgesagt worden.
"Nemo" forderte
mindestens ein Todesopfer. Eine 18 Jahre alte Autofahrerin habe auf
schneebedeckter Straße in Poughkeepsie (US-Staat New York) die Kontrolle über
ihren Wagen verloren und einen Fußgänger überfahren, berichtete der TV-Sender
CNN in der Nacht zum Samstag. Der 74 Jahre alte Mann sei nach dem Unfall ins
Krankenhaus gebracht worden und dort gestorben.
Angesichts der Glätte
wurde für den gesamten Bundesstaat Massachusetts ein Fahrverbot verhängt. Wer
trotzdem ins Auto stieg, konnte mit bis zu 500 Dollar (etwa 375 Euro) Strafe
belegt werden - oder sogar einem Jahr Gefängnis. Ein Grund für den dramatischen
Schritt seien die Erfahrungen bei dem großen Blizzard von 1978 in den
Neuengland-Staaten. Damals blieben zahlreiche Autofahrer auf den Highways
liegen. Auch in Connecticut galt am Samstag ein Fahrverbot.
Räumfahrzeuge in New York im Dauereinsatz
In der
Millionenmetropole New York schneite es heftig. Räumfahrzeuge waren im
Dauereinsatz. Die derzeit laufende Modewoche konnte aber ohne große Änderungen
weitergehen. "Wir haben bei uns das Schlimmste verhindern können", sagte
Bürgermeister Michael Bloomberg am Samstagvormittag.
In seiner Stadt habe
es unter den teilweise immer noch in Notunterkünften untergebrachten
"Sandy"-Opfern keine neuen Notfälle gegeben. Bloomberg und einige
Fernsehkommentatoren führten die vergleichsweise geringen Schäden auch auf die
lange Vorbereitungszeit und das Einsetzen von "Nemo" am
Wochenende zurück.
Der TV-Sender Weather Channel taufte das Unwetter "Nemo". Der Name gehe nicht auf den gleichnamigen Fisch im
Disney-Film, sondern auf Jules Vernes Kapitän Nemo
zurück. Ein Bürgermeister in Connecticut hat den schweren Schneesturm im
Nordosten der USA hingegen nach dem verstorbenen Erfolgs-Rapper "Notorious
B.I.G." benannt. (dpa)
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