Hamm. Eine junge Frau ist durch eine anonyme Samenspende gezeugt worden. Sie will jetzt wissen, wer ihr biologischer Vater ist. Die Samenbank möchte die Anonymität des Spenders wahren und den Namen nicht herausgeben. Diesen Mittwoch entscheidet das Oberlandesgericht Hamm in der Sache.
Sarah P., die Tochter eines anonymen Samenspenders, will den Namen ihres leiblichen Vaters erfahren. Seit rund vier Jahren weiß die 22-Jährige, dass ihr Vater nicht ihr Erzeuger ist. Gemeinsam mit dem Verein Spenderkinder kämpft Sarah P. auch auf juristischem Weg für das Recht, den biologischen Vater kennenzulernen. Eine Entscheidung soll an diesem Mittwoch das Oberlandesgericht in Hamm treffen.
Wie ist die Rechtslage?
Bereits 1989 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass es zu den Persönlichkeitsrechten eines Menschen gehört, seine genetische Herkunft zu kennen. Aber: Aus diesem Urteil wurde bis heute keine gesetzliche Regelung zur Dokumentation der Spenderdaten abgeleitet. Das Jahr 2007 brachte mit dem Gewebegesetz allerdings eine Neuerung. Unterlagen zur Samenspende, die als Gewebeübertragung gilt, müssen 30 Jahre aufbewahrt werden.
"Ziel dieser Regelung war allerdings nicht, den Kindern Zugang zu den Spenderdaten zu ermöglichen, sondern bei Infektionserkrankungen den Weg zur Infektionsquelle zurückverfolgen zu können", erläutert der Reproduktionsmediziner Andreas Hammel aus Erlangen. Unterlagen zur Samenspende sind medizinische Unterlagen und konnten bis 2007 nach 10 Jahren vernichtet werden, seit 2007 müssen sie 30 Jahre aufbewahrt werden.
Für was genau kämpft Sarah P.?
Die junge Frau und der Verein Spenderkinder mit weiteren Betroffenen kämpfen um das Recht, nicht bevormundet zu werden. "Bei einer anonymen Samenspende willigen alle Betroffenen ein. Nur das Kind selbst weiß nicht was los ist. Gegen diese Bevormundung wehren wir uns", sagte eine betroffene Frau aus Essen.
Warum beschäftigen sich die Gerichte jetzt mit dem Thema?
Viele anonym gezeugten Kinder haben jetzt das Erwachsenenalter erreicht und können sich jetzt erst juristisch mit der Frage ihrer Herkunft beschäftigen. Oft erfahren sie von ihrem Schicksal, wenn zum Beispiel bei einer Schwangerschaft beim Blick in den Mutterpass ihre Blutgruppen nicht mit denen ihrer Eltern übereinstimmen.
Wieviele Betroffene gibt es in Deutschland?
Hier gibt es nur Schätzungen. Das Essener Novum Zentrum für Reproduktionsmedizin, das der jetzt beklagte Fortpflanzungsmediziner Thomas Katzorke leitet, geht von rund 100 000 Kindern anonymer Samenspender aus.
Wieviele von ihnen wissen, dass sie einen anderen biologischen Vater haben?
Der Verein Spenderkinder geht von 5 bis 10 Prozent aus, andere Experten halten diese Zahl für zu hoch. (dpa)