Seit Jahren verfolgt er die Diskussion. Auf der einen Seite Kinder, gezeugt mit einer Samenspende, die ihre biologischen Väter kennenlernen wollen. Dort er, der wie hunderte andere Spender um seine Anonymität bangt – und mit Spannung das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm erwartet.
Mehr als 20 Jahre ist es her, da hat er Samen gespendet. „Auch in der Essener Praxis von Dr. Katzorke, der ja jetzt vor Gericht steht.“ Wie oft er gespendet hat? „Ich würde sagen, mindestens zehn Mal. Und das nicht nur in Essen.“ Warum er das tat? „Zum einen gab es Geld und ich war ja noch Student. Zum anderen wurde mir Anonymität zugesichert.“
Doch dieser Schutz wackelt nun. „Ich beobachte das mit Sorge“, sagt er. „Ein Becher und ein Porno in einer Kabine machen aus mir noch lange keinen Vater. Es gab keine Intimität, keinen Geschlechtsakt. Für mich war das alles sehr abstrakt.“ Wie viele Kinder er hat? „Das kann ich nicht sagen. Zumindest keins, von dem ich wüsste. Ich habe nie Kinder gewollt und auch in meinen festen Beziehungen bewusst ausgeschlossen, Kinder zu bekommen.“
Gibt das Oberlandesgericht der Klägerin Sarah P., die den Essener Reproduktionsmediziner Katzorke auf Nennung des Namens ihres biologischen Vaters verklagt hat, Recht, könnte das ein Dammbruch sein. „Natürlich werden nicht alle Eltern erzählt haben, dass der soziale Vater nicht der leibliche ist. Aber einige haben es wohl getan. Dann könnte es auch an meiner Tür klingeln.“
Eine Situation, die ihm schlaflose Nächte bereitet. „Präzisieren Sie doch mal kennen lernen. Ist damit gemeint, dass mich ein mögliches Kind irgendwo sieht. Dass ich guten Tag sage. Dass wir ein Gespräch führen. Oder reicht es weiter? Wir treffen uns, reden und bemühen uns, einen Bezug zueinander zu finden?“ Für den 49-jährigen Arzt steht fest, „darauf werde ich mich nicht einlassen. Ich habe nie mit einem Kind zusammen gelebt, nie für jemanden väterliche Gefühle entwickelt. Ich wüsste gar nicht, wie ich mich da verhalten soll.“
Und wenn er an seinen eigenen Vater, seine Kindheit und Jugend zurück denkt? „Dann sehe ich in erster Linie einen Mann, der mir zugewandt war, der sich um mich gekümmert und an meinem Leben teilgenommen hat. Ich habe nie in Frage gestellt, ob er auch mein biologischer Vater ist. Wenn ich Gelegenheit hätte, das zu testen, würde ich es nicht tun. Wir haben ein gutes Verhältnis, das würde ich nicht gefährden wollen“ Auch nicht, wenn es Indizien gäbe? „Nein, auch dann nicht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich etwas Besseres bekomme, als ich bereits habe.“