Krefeld/Santiago de Chile. . Der ehemalige Sektenarzt der berüchtigten “Colonia Dignidad“, Hartmut Hopp, ist in Chile zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Er war nach einem vorherigen, aber nicht rechtskräftigen Urteil nach Krefeld geflohen. Auch die Staatsanwaltschaft Krefeld ermittelt gegen ihn.
Der Oberste Gerichtshof Chiles hat mehrere deutsche Mitglieder der berüchtigten Sektensiedlung "Colonia Dignidad", darunter den früheren Sektenarzt Hartmut Hopp, wegen Kindermissbrauchs zu Haftstrafen von fünf bis elf Jahren verurteilt. Das Gericht sprach die Angeklagten unter anderem wegen Vergewaltigung und Freiheitsberaubung schuldig. Das Urteil hat in Bezug auf den in Deutschland lebenden Hopp keine Auswirkungen auf ein in Krefeld laufendes Ermittlungsverfahren gegen den Arzt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit eineinhalb Jahren gegen den in Krefeld lebenden Mediziner Hartmut Hopp. Es geht um Mord, Körperverletzung und sexuellen Missbrauch von Kindern in Chile. Derzeit werde ein Rechtshilfeersuchen vorbereitet, sagte Klaus Schreiber, Sprecher der Staatsanwaltschaft, am Dienstag. "Bislang sind uns bis auf das Auslieferungsersuchen keine offiziellen Unterlagen aus Chile zugeleitet worden."
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In Chile wurde der 68-jährige Hopp, ein Mitglied der Führung der früheren "Colonia Dignidad", in Abwesenheit wegen Sexualverbrechen zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt; das Urteil war am Montag bekannt geworden. Er war nach einem vorherigen, nicht rechtskräftigen Urteil 2011 nach Deutschland geflohen. Chile hat seine Auslieferung beantragt, ein internationaler Haftbefehl liegt vor. Jedoch dürfen Deutsche nicht ans Ausland ausgeliefert werden.
Auch die Bonner Staatsanwaltschaft hat gegen die Sekte ermittelt
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, in dem Ermittlungsverfahren seien bislang Zeugen gehört worden. Hopp habe sich über seinen Anwalt geäußert und die Vorwürfe zurückgewiesen. Direkt vernommen wurde er noch nicht. In den vergangenen Jahrzehnten hat auch die Staatsanwaltschaft in Bonn mehrere Ermittlungsverfahren wegen der "Colonia" geführt, ohne dass es zu einer Anklage kam. Die Sekte war Anfang der 1960er Jahre aus Siegburg bei Bonn ausgewandert.
Die "Colonia Dignidad" war unter ihrem 2010 gestorbenen Gründer Paul Schäfer ein befestigtes Lager mit sektenähnlichen Strukturen. Wegen Kindesmissbrauchs in 25 Fällen wurde Schäfer 2006 zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Die seit 1991 in "Villa Baviera" (Bayerisches Dorf) umbenannte landwirtschaftliche Anlage liegt etwa 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago de Chile. Während der Pinochet-Diktatur war die damals mit Stacheldrahtzäunen und bewaffneten Wächtern abgeschirmte Anlage auch eines der berüchtigten Folterzentren der chilenischen Geheimpolizei. (dpa)