Köln. RTL hat vor neun Monaten einen Spartenkanal für Männer gestartet: RTL Nitro. Und siehe da: Der Sender nähert sich bei den Quoten schneller als erwartet der magischen Ein-Prozent-Marke. Womit RTL Nitro im kommenden Jahr punkten will, verrät Senderchef Oliver Schablitzki.
Oliver Schablitzki kümmerte sich vor nicht allzu langer Zeit um Kinderprogramm – beim Privatsender Nickelodeon. Jetzt macht der 42-jährige Pullover-Fan TV-Angebote für harte Jungs. Jürgen Overkott traf den studierten Film- und Fernsehwissenschaftler in seinem Kölner Büro.
Sie zeigen „Breaking Bad“ ab Februar komplett mit allen Staffeln. Welchen Stellenwert hat die Serie für RTL Nitro?
Oliver Schablitzki: Wir stellen unser Programm darauf ab, auch unser Marketing. Es ist ein Signature-Programm für unsere Marke. Mit dieser Serie muss man RTL NITRO nicht mehr erklären – „Breaking Bad“ steht für NITRO.
Wie wichtig sind die Preise, die die Serie eingefahren hat?
Schablitzki: Wir müssen eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Sender schaffen; die Leute sollen drüber reden. Da helfen preisgekrönte Serien, vor allem im Hinblick auf Qualität.
Manche Leute glauben, dass amerikanische Serien der europäischen Konkurrenz per se überlegen sind. Was können die Amerikaner tatsächlich besser?
Schablitzki: Na ja, der Apparat, der hinter den Serien steht, hat einen Professionalitätsgrad, hinter dem alles andere zurückfällt – obwohl ich fairerweise sagen muss, dass viele Märkte der Welt in diesem Punkt aufholen. Die Produktionsbedingungen werden besser, und mancherorts sind die Produktionskosten einfach günstiger. Richtig ist: Die USA sind die Unterhaltungsmaschine Nr. 1. Nehmen wir das Beispiel HBO. Der Sender steht für hochwertige US-Serien, aber fängt jetzt an, auch massiv in Lateinamerika zu produzieren.
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Ist das Bezahlfernsehen für Nitro ein Treiber oder ein Bremsschuh?
Schablitzki: Wir könnten sicher mit HBO eine gute Kooperation entwickeln, wenn es Sky Atlantic (exklusiver Partner im deutschen Fernsehen; Red.) nicht gäbe. Daraus ziehen wir den Schluss, dass wir mit anderen Partnern zusammen arbeiten. Und zum Glück gibt es jenseits von HBO auch andere potenzielle Partner, die ein gutes Angebot haben.
Wer wäre das?
Schablitzki: Wir arbeiten dran, aber wir können es im Augenblick noch nicht kommunizieren. Verraten kann ich, dass der Freitag der Tag sein wird, an dem wir auf eine solche Ware setzen. Der Mittwoch dagegen ist für uns ein klassischer Crime-&-Action-Abend, auch mit hochwertigen Produktionen. Dazu gehört, beispielsweise, „Alcatraz“ aus der J.-J.-Abrahams-Schmiede. Oder „Covert Affairs“, was derzeit noch in den USA läuft, eine klassische Crime-Serie. Außerdem starten wir „Law & Order UK“. Ich finde die Serie deshalb interessant, weil sie die schwärzeste Serie aus dem Law & Order Universum ist, die es in diesem Genre gibt. Wir können diese Farbe wesentlich besser anbieten als ein großer Sender.
Frauen werden nicht unbedingt ausgeschlossen
Klingt nach reinem Männerfernsehen.
Schablitzki: Erstens schließen wir Frauen nicht aus, schon allein um ein bestimmtes Grundrauschen beim Publikum zu haben. Zweitens gibt es Tage wie den Mittwoch, wo unser Angebot Frauen geradezu einlädt. Wir bieten Kontrastprogramm zum Fußball. Montags setzen wir auf Comedy. „Modern Family“ war und ist das Flaggschiff.
Comedy in Form schwarzen Humors?
Schablitzki: Dafür ist „Modern Family“ das beste Beispiel. Die Serie ist ja keine klassische Sitcom, wie wir sie kennen. Sie ist dokumentarischer, es gibt keine Lacher, sie ist von der Erzählstruktur und von den Grundaussagen her viel, viel schwärzer. Es geht nicht um ein traditionelles Familienbild, sondern von vorne bis hinten um Patchwork. Trotzdem raufen sich alle zusammen, auch bei schwierigen Themen.
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Es heißt, das treueste Fernsehpublikum lebt auf dem Land, wo es vor der Tür nur wenige Kulturangebote gibt.
Schablitzki: Das mag sein. Seriöse Zahlen liegen uns zur Zuschauerstruktur von Nitro noch nicht vor. Aber es ist schon so, dass wir Fernsehmacher, die wir in Großstädten arbeiten, immer wieder klar machen müssen, für wen wir arbeiten. Aber mir vorzustellen, wie es auf dem Land ist, liegt mir gar nicht so fern: Ich selbst habe sieben Jahre meines Lebens auf dem Land verbracht.
Wie kann man in Zeiten wie diesen das Publikum binden, dass immer mehr zwischen verschiedenen Angeboten hin- und herspringt?
Schablitzki: Wir haben festgestellt, dass wir eine überraschend hohe Verweildauer bei unseren Programmen haben. Aber, klar, es gibt heutzutage die Second-Screen-Nutzung. Die passende Antwort darauf kann nur lauten, einen guten Audience-Flow anzubieten, ein Programm ins andere zu überführen. Wir gehen im Augenblick noch davon aus, dass die meisten Zuschauer uns nicht zuerst einschalten, sondern im Laufe des Abends zu uns kommen. Das heißt für uns in Konsequenz: Wir können nicht wie ein großer Sender den Abend nach A-, B- und C-Formaten aufbauen. Deshalb sind wir dabei, die Prime-Time so aufzubauen, dass wir eine zweite Prime-Time haben. Wir wiederholen nicht erst in der Nacht. Wir bieten A, B und dann wieder A, B. „Modern Family“ läuft um 20.15 Uhr, um 21 Uhr folgt eine andere Serie, und um 22 Uhr wird „Modern Family“ dann wiederholt. Damit kann der Zuschauer entscheiden, ob er um acht oder um zehn guckt.
Funktioniert das?
Schablitzki: Nach den Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, ja.