München. Hat ein “Bild“-Reporter den Schauspieler Ottfried Fischer mit einem Sexvideo erpresst? Darüber wird seit Dienstag am Landgericht München verhandelt. Es ist der insgesamt dritte Prozess in dieser Sache. Beobachter rechnen damit, dass der Fall bis vor das Bundesverfassungsgericht kommen könnte.

Im neu aufgerollten Prozess um ein Sexvideo mit Ottfried Fischer hat der Kabarettist schwere Vorwürfe gegen die "Bild"-Zeitung erhoben. Er habe eine "Heidenangst vor einer Latte an Artikeln" gehabt, sagte der 59-Jährige am Dienstag vor dem Münchner Landgericht. "Ich hatte Angst um meine Existenz".

Fischer ("Der Bulle von Tölz") war 2009 heimlich beim Liebesspiel mit Prostituierten gefilmt worden. Ein "Bild"-Redakteur erwarb die Aufnahmen und fragte bei Fischers PR-Agentin eine Stellungnahme des Schauspielers an. Kurz darauf erschien ein Exklusivinterview mit Fischer in dem Blatt.

Der an Parkinson erkrankte Schauspieler fühlte sich erpresst und zu dem Interview gezwungen. Der Journalist ist deshalb wegen Nötigung und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs angeklagt. Nach der Verhandlung vertagte sich das Gericht auf den 8. Januar. Ein Urteil könnte am 24. Januar fallen.

Fischer hatte Angst vor "Rache" der "Bild"-Zeitung

Wenn die Redaktion der "Bild"-Zeitung etwas wolle, dann trete sie das, was sie habe, auch breit, sagte Fischer mit Blick auf das pikante Video. Aus Angst vor Rache habe er kooperiert und dem Blatt Interviews gegeben. Seine damalige PR-Agentin habe ihm gesagt, wenn der Artikel erscheine, könne er einpacken. Wenn er hingegen kooperiere, verschwinde das Video im "Giftschrank".

Der angeklagte "Bild"-Redakteur wies den Vorwurf der Nötigung zurück. In dem Telefonat mit der PR-Agentin habe er das Video nicht erwähnt, vielmehr habe sie ihn auf den Film angesprochen, sagte Wolf-Ulrich S. Sie habe dann von sich aus ein Interview im Rahmen einer größeren PR-Aktion für Fischer ins Gespräch gebracht. Für ihn sei der Film nicht verwertbar gewesen, er habe kein Ziel in dem Gespräch verfolgt.

Sex-Video "zu heiß" für eine Veröffentlichung

Nach Darstellung von Fischers damaliger PR-Agentin erwähnte S. das Video zuerst. Er habe gesagt, dass es das Video gebe, aber für "Bild" "zu heiß" sei. Er habe jedoch keine Forderung gestellt und auch die Übergabe des Videos sei nie an Bedingungen geknüpft gewesen. In einer früheren Aussage hatte die 61-Jährige gesagt, sie sei davon ausgegangen, die Erwähnung sei erfolgt, um eine "Verhandlungsbasis" für ein Interview zu bekommen. Sie habe von sich aus ein Interview angeboten, um dem Journalisten zuvorzukommen.

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Konfrontiert mit früheren Aussagen vor Polizei und Gericht, in denen sie noch von einem "Deal" mit der "Bild" oder einer Nichtveröffentlichung des Videos "im Gegenzug" für das Interview gesprochen hatte, verwies die Zeugin mehrfach darauf, sich nicht erinnern zu können. Fischer gegenüber äußerte sie per Mail, dass man "im Zugzwang" sei und er Gefahr laufe, einen Werbevertrag und seine Rolle als Pfarrer Braun einzubüßen. Sie habe aber zu keinem Zeitpunkt davon gewusst, dass Fischer sich erpresst gefühlt habe.

Fall könnte noch vor dem Verfassungsgericht landen

Fischers Anwalt Steffen Ufer geht jedoch weiterhin vom Tatbestand der Nötigung aus und betonte, auch die Pressefreiheit müsse ihre Grenzen haben. "Unterhalb der Gürtellinie muss man sich nichts gefallen lassen." Die PR-Agentin habe im Laufe der Gerichtsverfahren "die Seiten gewechselt". Sein Mandant habe den Prozess - obwohl gesundheitlich angeschlagen - weiter betrieben, weil er das Verhalten der Redaktion für eine "Sauerei" halte.

Der Verteidiger des Journalisten, Ulrich Ziegert, betonte, es habe keine Nötigung gegeben, da es weder eine Forderung noch eine Drohung gegeben habe. Ein neues Gutachten des früheren Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer belege, dass sich S. als Journalist korrekt verhalten habe.

Vor den Zeugenaussagen hatte der Vorsitzende Richter am Landgericht München angekündigt, nicht von einer abschließenden Klärung des Falles in diesem Prozess auszugehen. Wahrscheinlich werde es auch nach dieser Verhandlung noch weitergehen, sagte Thomas Hensel. Es sei nicht auszuschließen, dass der Fall bis vor das Bundesverfassungsgericht gehe, sagte der Richter mit Blick auf das vom Axel-Springer-Verlag vorgelegte Gutachten Hassemers. Darin werde das besondere Spannungsfeld zwischen den Strafrechtsnormen und der Pressefreiheit in diesem Fall behandelt. Aufgabe des Landgerichts München sei es nun, in erster Linie den Sachverhalt zu klären. (dapd)