München. . Ein früherer „Bild“-Reporter ist in zweiter Instanz vom Vorwurf der Nötigung des Schauspielers Ottfried Fischer freigesprochen worden. Fischer sah sich durch ein Sex-Video, das ihn mit Prostituierten zeigte, unter Druck gesetzt. „Bild“ feierte das Urteil als Sieg der Pressefreiheit.
Kabarettist und Schauspieler Ottfried Fischer hat bei seinem juristischen Feldzug gegen die Boulevardpresse eine Niederlage einstecken müssen. Ein früherer „Bild“-Zeitungsredakteur wurde am Montag in zweiter Instanz vom Vorwurf der Nötigung Fischers freigesprochen. Nach Überzeugung des Landgerichts München gibt es keine Hinweise darauf, dass der Reporter den Fernsehstar mit einem Sexvideo unter Druck gesetzt habe, um ein Exklusiv-Interview mit ihm zu bekommen.
Die Staatsanwaltschaft kündigte an, Revision einzulegen. Nebenkläger Fischer gab sich kämpferisch: „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann begrüßte das Urteil.
Fischer (“Der Bulle von Tölz“, „Pfarrer Braun“) war 2009 heimlich in Aktion mit Prostituierten gefilmt worden. Der Journalist erwarb die pikanten Aufnahmen und fragte bei Fischers PR-Agentin eine Stellungnahme des Schauspielers an. Bald darauf erschien ein Exklusiv-Interview mit Fischer in dem Blatt. Vergangenen Oktober wurde der Reporter vom Amtsgericht München zu einer Geldstrafe von 14.400 Euro verurteilt, wegen Nötigung und „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch unbefugte Bildaufnahmen“.
Verweis auf die Pressefreiheit
Dieses Urteil hob das Landgericht in dem Berufungsverfahren auf. Die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich sagte, im Rahmen der Pressefreiheit müsse der Ankauf von brisantem Material zu Recherchezwecken möglich sein. Ansonsten könnten Journalisten bei ihrer Arbeit „einpacken“.
Die Richterin sagte ferner, Fischer sei sicherlich ein Opfer in der Affäre - nicht jedoch des Reporters, sondern womöglich seiner PR-Agentin. Diese habe Fischer schließlich für den Fall, dass er nicht mit der „Bild“ kooperiere, das Karriereende in Aussicht gestellt. Der Journalist hingegen habe betont, dass ihm die Aufnahmen für eine Veröffentlichung zu heiß seien. „Es gab keine Drohung mit einem empfindlichen Übel“, sagte Hemmerich.
Fischer hofft auf nächste Instanz
Fischer nannte die Argumentation nach dem Urteilsspruch „abwegig“. „Die Pressefreiheit darf nicht zur Erpresserfreiheit werden“, sagte der Schauspieler. Fischer hatte stets betont, ohne den Hinweis des Reporters auf das Video in seinem Besitz hätte er dem Blatt kein Interview gegeben. Er sei überzeugt, dass die nächste Instanz „richtig“ entscheiden werde.
„Bild“-Chefredakteur Diekmann sagte, alles andere als ein umfassender Freispruch wäre eine „sehr schlechte Nachricht für den Journalismus und unseren Berufsstand insgesamt gewesen“. Die Anwälte des Reporters bezeichneten das Urteil als „beeindruckend für die Pressefreiheit“. Der Leiter des Verlagsrechts der Axel Springer AG, Claas-Hendrik Soehring, sagte, der Versuch der Münchener Staatsanwaltschaft, presserechtlich gebotene Recherchearbeit von Journalisten zu kriminalisieren, sei gescheitert.
Zwei Prostituierte und ihre beiden Zuhälter wurden bereits rechtskräftig verurteilt, weil sie das Video mit Fischer gedreht hatten. Damit wollten sie erreichen, dass Fischers Kreditkartenfirma angeblich noch ausstehende Gelder für sexuelle Dienste überweist. Der pikante Film ging schließlich für ein Info-Honorar an den damaligen „Bild“-Reporter. (dapd)