Eastbourne. . Phil Saunders dekoriert seine Kneipe in Eastbourne mit 20 000 Lichtern, Christbaumkugeln und einigen Kilometern Gold-Girlande. In diesem Jahr will er sparen. Er reduzierte die Lichterketten von 400 auf 200. Die Energiekosten wurden einfach zu hoch.
Wer bei Phil Saunders einen Glühwein trinkt, muss die Sonnenbrille aufsetzen: Großbritanniens King of Bling dekoriert seine Kneipe alle Jahre wieder mit 20 000 Lichtern, Christbaumkugeln und einigen Kilometern Gold-Girlande. Die Megawatt im Pub sollten anfangs nur den Winterblues im Küstendorf Eastbourne vertreiben. Heute bringt Saunders Glanzleistung zum Weihnachtsfest die ganze Insel zum Strahlen.
Er kennt sie, aber nur gerüchteweise: Jene Männer, die beim Gedanken daran, schon wieder den Weihnachtsbaum schleppen und aufstellen zu müssen, in Panik verfallen. Saunders kann darüber nur lachen. Seine Tannendekoration ist so umfassend, dass sie vom Lkw angeliefert wird. Der Baumschmuck im Keller nimmt mehr Platz ein als der Durchschnittslondoner zum Wohnen zur Verfügung hat. Wenn nach zwei Wochen Vorbereitung alles dekoriert ist, macht der kleine „Marine Pub“ in Eastbourne selbst der Leuchtreklame von Piccadilly Circus Konkurrenz.
Im November fängt der Gastwirt mit der XXL-Schmückaktion an. Diese ist, wohlgemerkt, eine reine Männerangelegenheit. „Sonntagsmorgens um sechs Uhr geht es los“, erklärt er, „mit fünfundzwanzig Freunden bringe ich die ganze Dekoration an der Decke an.“ Gut, seine Frau Ann darf die eine oder andere Weihnachtskugel am Ende neu arrangieren, aber die 400 Lichterketten an echten Zweigen, die Wagenladungen an Goldgirlanden, die stemmt Saunders mit seinen Stammgästen. Es ist seine ganz persönliche Weihnachtstradition: „Vor neunundzwanzig Jahren haben wir damit angefangen, weil hier im Badeort im Winter immer tote Hose herrscht. Fast alle Hotels schließen, die Bürgersteige werden hochgeklappt.“
Minimalismus ist nicht die Stilrichtung seiner Wahl
Der Gastwirt wollte eine Atmosphäre schaffen, die die Besucher verzaubern würde. Schon 1983, bei der Premiere seines Deko-Fimmels, war Minimalismus daher nicht unbedingt die Stilrichtung seiner Wahl. Er kann ja auch gar nicht anders: „Mehr Lametta geht immer, das ist jedenfalls meine Meinung.“
Und so hat sein Vorrat an Ornamenten über die Jahre an Dimensionen gewonnen, die er kaum noch überblickt. „Annie, wie viele Weihnachtskugeln haben wir?“, ruft er, „ach, warten Sie, ich hole den Taschenrechner.“ Doch ganz egal, ob in Zahlen oder auf den Quadratmeter gerechnet: Kein Pub bietet so viel Weihnachtscharme zum Ale wie „The Marine“. Und keiner findet durchgebrannte Glühbirnchen in Lichterketten so schnell wie Phil Saunders.
Blutwurst und Champagner für die Helfer
Seinen fleißigen Helfern serviert der Pub-Besitzer nach alter Tradition ein englisches Frühstück, sobald die Schenke sich zur Glitzergrotte verwandelt hat. Blutwurst und Champagner – zu dem Anlass muss das so sein. Auch, wenn der Gastwirt dieses Jahr erstmals seine Lichterketten von 400 auf 200 reduzieren muss. „Wir zahlen in der Adventszeit siebenhundert Euro mehr Strom im Monat“, erklärt er, „und bei weiter steigenden Energiekosten wird es für uns eng.“
Zähneknirschend hat Saunders, gelernter Elektriker, auch noch einen Dimmer angebracht. Der funkelnde Kneipenhimmel strahlt trotzdem noch eine Menge Magie aus. Aus Belgien und Frankreich reisen die Neugierigen an. Und zum Fest will Fernseh-Koch Gordon Ramsey vorbeischauen.
Pläne für eine Abschiedsparty in den Ruhestand
So ganz nachvollziehen kann der Kneipier den Rummel nicht. „Nach neunundzwanzig Jahren Herkules-Deko sieht man das Besondere kaum noch“, sagt er, „daran wird man erst wieder erinnert, wenn Eltern ihre Kinder mitbringen, die dann mit großen Augen im Türrahmen stehen.“
Eine Weile will der 61-Jährige Eastbourne noch zum Leuchten bringen. Doch er hegt schon Pläne für eine Abschiedsparty in den Ruhestand. „Dann steht hier alles unter dem Motto Urlaub“, sagt er, „wir kippen Sand in die Kneipe, spielen Reggae, die Damen tragen Bikinis.“ Und die Palmen Lametta.