Berlin. Geringfügig Beschäftigte dürfen ab Januar 450 Euro verdienen und sind automatisch voll rentenversichert. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht ist jedoch weiterhin möglich. Die wichtigsten Informationen zur Gesetzesänderung.

Sieben Millionen Menschen in Deutschland haben einen Minijob. Die Mehrheit sind Frauen. Ein großes Problem für die geringfügig Beschäftigten: Menschen, die ausschließlich einem Minijob nachgehen, bauen nur äußerst geringe Rentenansprüche auf. Ihnen droht Altersarmut. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums erwirbt ein Minijobber derzeit mit einem Jahr Arbeit lediglich einen Rentenanspruch von 3,11 Euro im Monat. Nach 45 Versicherungsjahren kommt so eine magere Monatsrente von lediglich 140 Euro zusammen.

17,55 Euro Eigenanteil

Das soll sich ein wenig bessern. Zum 1. Januar tritt neben der Anhebung der Verdienstgrenze von 400 auf 450 Euro im Monat eine zweite wichtige Neuregelung bei Minijobs in Kraft. Geringfügig Beschäftigte sind künftig automatisch voll rentenversichert, wenn sie sich nicht ausdrücklich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Bislang war es genau umgekehrt, der Arbeitgeber musste die Beschäftigten lediglich darüber informieren, dass eine freiwillige Aufstockung der Beiträge möglich ist. Die Bundesregierung will so die zu erwartende Altersarmut zurückdrängen.

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Was bedeutet das konkret für Minijobber? Wer zum 1. Januar 2013 eine neue Stelle als geringfügig Beschäftigter antritt, ist automatisch versicherungspflichtig in der Rentenversicherung. Der Arbeitgeber zahlt wie bislang einen Pauschalbetrag von 15 Prozent des Gehalts (Privathaushalte: 5 Prozent) in die Rentenkasse ein. Zusätzlich aber muss der Minijobber 3,9 Prozent seines Lohns als Eigenanteil abführen. Bei einer Beschäftigung in einem Privathaushalt sind es 13,9 Prozent. Mit einem Monatssalär von 450 Euro sind das bei einem gewerblichen Arbeitgeber 17,55 Euro Eigenanteil im Monat für den Arbeitnehmer, bei einer privaten Beschäftigung 62,55 Euro. Der Minijobber übernimmt mithin die Differenz zum allgemeinen Rentenbeitragssatz von 18,9 Prozent (ab 2013) selbst.

Mini-Jobber sollen mehr "riestern"

Der Vorteil: Geringfügig Beschäftigte sind nicht mehr automatisch Versicherte zweiter Klasse, sondern erwerben für einen relativ kleinen Beitrag im Monat Anspruch auf das komplette Leistungspaket der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Fachjargon spricht man von „vollwertigen Pflichtbeitragszeiten“. „Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen diese Zeiten in vollem Umfang bei den erforderlichen Wartezeiten für alle Leistungen der Rentenversicherung“, erläutert die Minijobzentrale.

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Der Effekt ist enorm: Ein Minijobber ohne Beitragsaufstockung muss drei Mal so lange arbeiten wie ein „normaler“ Beschäftigter, um die gleiche Wartezeit für Leistungen aufzubauen. Die Wartezeiten oder „Mindestversicherungszeiten“ sind wiederum Voraussetzung für einen früheren Renteneintritt, für Reha-Leistungen, für Erwerbsminderungsrenten, für einen Anspruch auf Entgeltumwandlung bei einer betrieblichen Altersvorsorge, für Übergangsgeld und – besonders wichtig – für die Riester-Rente. Denn eine staatliche Riester-Förderung für Minijobber und deren Ehepartner gibt es nur, wenn der volle Rentenbeitrag eingezahlt wird.

Das ist einer der Hauptgründe, warum sich die Bundesregierung für eine automatische Pflichtversicherung entschieden hat. Sie hofft, dass so künftig mehr Minijobber „riestern“ – bislang ist ihr Anteil an den Riester-Sparern verschwindend gering. Ob es künftig mehr werden, ist allerdings fraglich: Die Regierung rechnet selbst damit, dass sich neun von zehn Minijobbern wegen ihres geringen Einkommens trotz der Vorteile von der Versicherungspflicht befreien lassen. Denn das geht nach wie vor: Durch eine schriftliche Mitteilung an den Arbeitgeber. Damit verzichtet man indes nicht nur auf eine „Vollmitgliedschaft“ in der Rentenkasse, sondern auch auf einen höheren Rentenanspruch.

Ausnahme Rentner

Nach Berechnungen des Arbeitsministeriums steigt der Rentenanspruch eines Minijobbers nach 45 Versicherungsjahren durch den Eigenanteil immerhin von 140 auf 180 Euro im Monat. Nicht viel, aber wenigstens etwas.

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Anders sieht es für Beschäftigte aus, die vor dem Jahreswechsel bereits einen Minijob hatten. Sie bleiben auch künftig versicherungsfrei, wenn sie nichts tun. Neu ist, dass sie nun jederzeit in die Beitragsaufstockung einsteigen können. Das war bislang anders – wer einmal verzichtet hatte, konnte praktisch nur durch einen Jobwechsel das volle Rentenpaket ergattern. Eine Besonderheit: Erhöht der Arbeitgeber nach dem Jahreswechsel das Gehalt auf über 400 Euro, gilt auch für alte Beschäftigte automatisch das neue Recht: Der Minijobber ist automatisch pflichtversichert. Ausnahme sind Rentner, die sich etwas nebenher verdienen (genauer: „Vollrentner“). Sie zahlen nicht selbst in die Rentenkasse ein.

Wer seine Beiträge bereits dieses Jahr, also vor der Gesetzesänderung aufgestockt hat, bleibt hingegen versicherungspflichtiger „Aufstocker“. Eine Befreiung ist dann auch unter dem neuen Regime nicht mehr möglich.

Ob eine Aufstockung sinnvoll ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Im Grunde kann man die Frage der zahlreichen Vorteile wegen fast uneingeschränkt mit Ja beantworten. Wegen des sehr geringen Einkommens wird es vielen Minijobbern allerdings äußerst schwer fallen, einen Teil der Einkünfte in die Rente oder gar in eine zusätzliche Riester-Rente zu investieren.