Strengere Werberegeln für Lebensmittel sollen Verbraucher schützen
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Berlin. . Die Lebensmittel-Reklame mit gesundheitsbezogenen Angaben wird eingeschränkt. Dadurch sollen Verbraucher besser vor irreführender Werbung und Fehleinkäufen geschützt werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Lebensmittelhersteller dürfen ab Ende der Woche für ihre Waren nur noch mit gesundheitsbezogenen Angaben werben, wenn diese ausdrücklich von der Kommission der Europäischen Union zugelassen worden sind. Damit sollen Verbraucher künftig besser vor irreführender Werbung und Fehlkäufen geschützt werden, zumal vermeintlich gesündere Lebensmittel oft teurer verkauft werden.
Welche gesundheitsbezogenen Angaben hat die EU genehmigt?
Erlaubt wurden bislang insgesamt 222 gesundheitsbezogene Angaben – von über 4000 Werbeaussagen. Sie betreffen Vitamine, Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium oder Eisen, aber auch Wasser, Fleisch und Fisch sowie zuckerfreie Kaugummis und auch Zuckerersatzstoffe.
Wo finde ich die zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben?
Die Angaben werden in der sogenannten Artikel-13-Liste der Health-Claims-Verordnung der EU aufgeführt. Diese Liste wurde im Mai veröffentlicht, am 14. Dezember läuft die Übergangsfrist für die Hersteller ab, in der sie Verpackungen und Werbung ändern konnten. Fortan sind alle nicht zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben verboten.
Was darf künftig noch auf der Verpackung stehen?
Auf den Packungen erlaubt sind nur noch Angaben, die Verbrauchern zum Teil bekannt vorkommen dürften, wie etwa: „Kalzium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt“ oder „Vitamin C trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“. Neben dem genauen Wortlaut der erlaubten Angaben enthält die Liste Bedingungen sowie mögliche Einschränkungen und Warnungen hinsichtlich der Verwendung.
Wie sehen diese Bedingungen aus?
Trägt eine Kaugummi-Packung den Hinweis „Zuckerfrei“, darf mit der Angabe „Zuckerfreier Kaugummi trägt zur Erhaltung der Zahnmineralisierung bei“ geworben werden. Zusätzlich muss aber darüber informiert werden, „dass sich die positive Wirkung bei mindestens 20-minütigem Kauen nach dem Essen oder Trinken einstellt“. Enthält ein Lebensmittel Pektine und die Verpackung den Hinweis, dass Pektine zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut beitragen, muss erklärt werden, dass sich die positive Wirkung erst bei einer Aufnahme von sechs Gramm Pektinen einstellt.
Was ist demnächst nicht mehr erlaubt?
Bislang konnte kein Nachweis dafür erbracht werden, dass probiotische Joghurts positiv auf das Immunsystem wirken. Verboten sind künftig auch die Aussagen „Glucosamin für gesunde Knochen und Gelenke“ oder „Cranberry zur Förderung der Blasengesundheit“.
Ist die Liste endgültig?
Nein, sie soll fortwährend aktualisiert werden. So steht die Prüfung von rund 2000 Angaben zu pflanzlichen Stoffen wie Eisenhut oder Ginkgo sowie zu rund 200 anderen Stoffen wie verschiedenen Mikroorganismen noch aus. Danach muss sich die EFSA nur noch mit Neuanträgen befassen.
Schlechte Beispiele aus der Vergangenheit:
Jedes Jahr vergibt die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch einen Preis für die dreistesten Werbelügen der Lebensmittelindustrie. Die "Gewinner" waren bisher:
Foodwatch hat den "Goldenen Windbeutel" für die dreisteste Werbelüge vergeben.
Auf Platz 1 kam bei der Onlinebefragung die Milch-Schnitte. „Schmeckt leicht. Belastet nicht. Ideal für zwischendurch“, behauptet Hersteller Ferrero. Die Wahrheit jedoch ist laut Foodwatch deutlich schwerer: Die Milchschnitte bestehe zu fast 60 Prozent aus Fett und Zucker, das sei sogar mehr als in Schoko-Sahnetorte.
Auf Platz 2 kommt "Activia". Danone suggeriere in seiner Werbung, sein probiotischer Joghurt sei so etwas wie ein Wundermittel für die perfekte Verdauung. Doch die Ergebnisse der von Danone viel zitierten Studien seien dünn.
Dahinter wählten die Verbraucher Nimm2. Nach Meinung von Foodwatch suggeriert Hersteller Storck, dass seine Bonbons gesünder sind als andere Süßigkeiten. Doch der zugesetzte künstliche Vitamincocktail könne nichts daran ändern: Nimm2 sei nicht gesünder als andere Bonbons, es bleibe ganz einfach eine Süßigkeit.
Auf Rang 4 „Ferdi Fuchs“-Mini-Würstchen. Mit einem Comic-Fuchs locke Stockmeyer die Kinder, die Eltern ködere der Hersteller mit dem Hinweis auf einen „täglichen Beitrag für die gesunde Ernährung“, so Foodwatch. Doch der Salzgehalt sei alles andere als auf die Ernährungsbedürfnisse von Kindern
abgestimmt. 2 Gramm Salz pro 100 Gramm – bei der Ampelkennzeichnung würde das mit einem roten Warnsignal gekennzeichnet.
Den 5. Platz belegt das Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen. Hersteller Kühne betone in der Werbung die „besten natürlichen Zutaten“, die „erlesenen Kräuter“, so die Verbraucherorganisation. Doch drin stecken Farbstoff und Aromen – modernste Lebensmitteltechnologie also.
Bei der ersten Wahl zum Goldenen Windbeutel 2009 hatte der Konzern Danone für seinen
Trinkjoghurt Actimel den „Preis“ gewonnen, weil der laut Foodwatch nicht vor Erkältungen schützen könne...
Als Foodwatch-Aktivisten den Preis vor der Firmenzentrale in Haar bei München überreichen
wollten, war Danone jedoch nach Angaben der Organisation nicht zu sprechen.
2010 kürten die Verbraucher den überzuckerten Monte Drink der Molkerei Zott zur "dreistesten
Werbelüge des Jahres". Mehr als 80.000 Menschen hatten sich laut Foodwatch bei der Online-Wahl beteiligt.
Doch auch Zott habe die Annahme des „Goldenen Windbeutel“ verweigert Foodwatch-
Aktivisten am Firmensitz im bayerischen Mertingen laut der Organisation nicht für ein Gespräch zur Verfügung gestanden.
Platz 1: "Actimel" von Danone. Foodwatch wirft dem Konzern Etikettenschwindel vor. Das probiotische Getränk wirke nach Ansicht der Organisation nicht besser als ein herkömmlicher Joghurt, sei aber vier Mal so teuer und doppelt so zuckrig. Danone verweist auf wissenschaftliche Studien und beteuert die Wirksamkeit. Die Annahme des Preises verweigerte das Unternehmen. (Foto: Foodwatch)
Platz 2: "Biene Maja" von Bauer. Das Kindergetränk ist nach Ansicht von Foodwatch eine "Zuckerbombe", weil es pro Liter 44 Stück Würfelzucker enthalte - mehr als in einem Liter Cola (28 Stück). Der Hersteller Bauer hat reagiert und will laut Foodwatch künftig den Zuckergehalt auf der Verpackung kennzeichnen. (Foto: Foodwatch)
Platz 3: "Bertolli Pesto Verde" von Unilever. Laut Foodwatch werbe der Hersteller damit, dass das Produkt „nach original italienischer Rezeptur“ zubereitet werde: „nur aus besten Zutaten“. Tatsächlich aber seien Pinienkerne und Olivenöl nur in winzigen Alibi-Mengen enthalten und das Produkt somit eine "Mogelpackung". (Foto: Foodwatch)
Platz 4: "Frucht-Tiger" von Eckes-Granini. Foodwatch kritisiert, dass dies kein gesunder Durstlöscher“ sei, sondern ein Getränk, "das die für die Zähne schädliche Citronensäure (E330) und den umstrittenen Süßstoff Aspartam enthält". Es bestehe zur Hälfte aus „Mehrfruchtsaft“, also aus Fruchtsaftkonzentrat, das mit Wasser rückverdünnt worden sei. Eckes-Granini hat reagiert und will - so Foodwatch - das Getränk künftig nicht mehr als "gesund" sondern als "lecker" anpreisen. (Foto: Foodwatch)
Platz 5: Der "Gourmet Genießerkuchen" von Bahlsen. Foodwatch kritisiert, dass Bahlsen auf der Verpackung „eine besondere Kombination erlesener Zutaten“ verspreche, allerdings nicht darüber informiere, aus welcher Haltungsform die Eier stammten. "Obwohl sich im Handel die meisten Verbraucher gegen Käfig-Eier entscheiden, bleibt ihnen bei verarbeiteten Produkten oft keine Wahl. Gerade auf einem vermeintlichen Gourmetkuchen sollte draufstehen, ob Käfigeier drin sind", so Foodwatch. Nach Angaben der Organisation seien die Anfragen der Verbraucher, die über die Foodwatch-Internetseite an den Hersteller weitergeleitet worden seien, nicht beantwortet worden. (Foto: Foodwatch)
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