Berlin. Die Deutschen haben rund 22 Millionen Hunde, Katzen, Vögel und andere Haustiere. Eine „Heimtierstudie“ zeigt: Für Alleinlebende sind sie auch Familienersatz, Tröster, Therapeuten. In deutschen Klassenzimmern sind 500 sogenannte „Schulhunde“ im Einsatz – als vierbeinige Mutmacher und extrem beliebte Hilfspauker.
Ohne Hund, Katz’ und Maus wären die Deutschen ein trauriges Volk. Lauter beziehungsgestörte Menschen, die einsam in die digitale Zukunft wandern. So sehen es viele Tierfreunde – und sie haben nicht ganz unrecht. Studien zeigen, wie wichtig Haustiere für das Wohlbefinden sein können, besonders bei Kindern und Älteren, Kranken und Behinderten.
In jedem dritten deutschen Haushalt lebt ein Tier. Insgesamt halten die Deutschen rund 22 Millionen Hunde, Katzen, Vögel und andere Haustiere. Besonders bei den über 60-Jährigen werden vierbeinige Mitbewohner als Lebensgefährten immer beliebter. Für die erste umfassende „Heimtierstudie“, im Auftrag des Nahrungsmittelkonzerns Mars, haben Wissenschaftler und Trendforscher jetzt ein neues Bild vom Haustier entworfen – als Tröster und Therapeut.
Hunde lieben Rituale, Katzen haben Gewohnheiten
Haustiere sind Lückenfüller: Jeder fünfte Deutsche lebt heute allein. Für viele Singles sind Hund oder Katze eine freiwillige oder notgedrungene Antwort auf die Sehnsucht nach Familie, Geborgenheit und Zusammensein. Vierbeinige Mitbewohner sorgen für die tägliche Portion Sinnlichkeit und die nötige Schmusedosis für Menschen, die allein leben oder ein immer abstrakteres Dasein in der digitalen Welt fristen.
Gesegnet seien die Tiere
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Hinzu kommt: Tiere geben Halt. Hunde lieben Rituale, Katzen haben Gewohnheiten – und geben so ihren Besitzern eine sinnerfüllte Aufgabe. Wer mit dem Hund vor die Tür geht, tut etwas für seine Gesundheit und lernt im besten Fall noch Gleichgesinnte kennen. Das hilft gegen Stress, Einsamkeit, Stimmungstiefs. Eine Studie des DIW zeigt, dass Haustierbesitzer sogar deutlich seltener zum Arzt gehen als Menschen ohne Tier.
Der Hund im Klassenzimmer
Besonders Hunde gelten in vielen Bereichen als echte Fachkräfte: Sie sind Blindenführer, Therapeuten und Hilfslehrer. Forscher berichten von Kindern mit Leseproblemen, die deutlich entspannter üben konnten, wenn sie nicht dem Lehrer, sondern einem netten Hund vorlesen sollten. Rund 500 sogenannte „Schulhunde“ sind mittlerweile in deutschen Klassenzimmern im Einsatz – als vierbeinige Mutmacher und extrem beliebte Hilfspauker.
Hund & Haustier
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Und sie können noch mehr: Ein Tier kann im Frühstadium von Demenz helfen, die Orientierung zu behalten und Struktur in den Alltag zu bringen. Gewalttätige Jugendliche lernen mit Tieren, auf die Grenzen ihres Gegenübers zu achten. Bürogemeinschaften berichten, wie gut das Arbeitsklima ist, seit unter dem Schreibtisch des Kollegen ein Hund liegt.
300.000 Tiere in Tierheimen
Die Deutschen halten große Stücke auf ihre vierbeinigen Begleiter – das zeigt auch eine aktuelle Forsa-Umfrage. Neun von zehn glauben, dass Haustiere Kinder zu mehr Verantwortungsbewusstsein erziehen und älteren Menschen das Gefühl geben, „noch gebraucht zu werden“. Jeder Dritte findet, dass Tierhaltung in Seniorenheimen erlaubt sein sollte, die Mehrheit wünscht sich Hundebesuche im Schulunterricht.
Promis und ihre Tiere
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Die Kehrseite der tierischen Euphorie: Nicht wenige Tiere werden zum Gebrauchsgegenstand, zur lebenden Waffe oder zum vermenschlichten Modepüppchen. Trendforscher Peter Wippermann warnt vor einer „Verwahrlosung“ der Mensch-Tier-Beziehung. Der Deutsche Tierschutzbund verzeichnet aktuell rund 300 000 Tiere in Tierheimen – und es werden jedes Jahr mehr. Der Weg vom vierbeinigen Freund und therapeutischen Helfer zum achtlos angeschafften und ungerührt wieder abgeschafften Lifestyle-Accessoire ist nicht weit.
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