Herne. . Monika Ganteföhr, neue Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen, spricht über ihr neues Amt und die Bedeutung der Schlichtung.

Vor wenigen Wochen wurde Monika Ganteföhr zur Bundesvorsitzenden des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen gewählt. Die Hernerin ist die erste Frau an der Spitze der Organisation. WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann sprach mit der 63-jährigen Hernerin über ihre neue Aufgabe und die Herausforderungen im Schiedswesen.

Sie sind einstimmig gewählt worden. Hat Sie dieses Ergebnis überrascht?

Ganteföhr: Nein, eigentlich nicht. Andererseits war und ist das Schiedswesen noch von Männern dominiert, und mein Vorgänger war 16 Jahre im Amt. Da weiß man nie ganz genau, wie groß die Zustimmung tatsächlich ist.

Die ist ganz offensichtlich vorhanden, jetzt geht es an die Arbeit. Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Ich habe schon meine eigenen Prioritäten. Dazu gehört es, viel stärker mit den neuen Medien zu arbeiten. Bislang können die Schiedspersonen ihre Formulare für ein Schiedsverfahren zwar schon aus dem Internet herunterladen. Das will ich aber noch verbessern und zum Beispiel erreichen, dass auch die Bürger mit einem solchen Formular direkt online bei uns einen Antrag auf Schlichtung stellen können. Daneben hat die interne Arbeit einen hohen Stellenwert. Immerhin hat unsere Organisation rund 10 000 Mitglieder. Da gibt es immer auch kritische Stimmen. Ich als Bundesvorsitzende muss mich mit dieser Kritik auseinandersetzen.

Spüren Sie denn schon Veränderungen seit Ihrer Wahl?

Sicher. Ich komme ganz schön viel herum, ich mache nämlich gerade meine Antrittsbesuche bei den verschiedenen Landesverbänden und auch bei den Justizministerien.

Wie klappt die Zusammenarbeit mit der Politik und den Behörden?

Gerade für Nordrhein-Westfalen kann ich sagen, dass die Kooperation gut funktioniert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Schiedspersonen in den Sonntagsreden immer hoch angesehen sind, im Alltag merken wir allerdings nicht so viel davon. Wir gehören wohl zu den ganz wenigen Ehrenamtlichen, die lieber mehr Arbeit haben möchten als weniger.

Woran liegt das?

Einerseits gibt es ein gewisses Spannungsverhältnis zu Rechtsanwälten, die ja auch von den Streitigkeiten unter Nachbarn leben. Andererseits werden den Schiedspersonen bestimmte Themenbereiche durch neue Gesetzgebungen entzogen. Es wäre besser, wenn bei mehr Streitfällen ein Schlichtungsverfahren vor dem Gang zum Gericht vorgeschrieben wäre. Das ist nicht nur schneller und kostengünstiger für die Streitparteien, sondern der im Fall einer Einigung erreichte Frieden ist auch nachhaltiger.

Wo soll der Vorteil liegen?

Treffen sich zwei Parteien vor Gericht, wird eine von beiden durch das Urteil sein Gesicht verlieren und womöglich bei der nächsten Gelegenheit versuchen, sich in irgendeiner Form zu revanchieren. Beim Schiedsverfahren gehen beide Seiten aufeinander zu, es gibt bei uns keinen Gewinner und Verlierer, denn beide arbeiten zusammen an einer Lösung ihres Problems. Am idealsten ist es, wenn die Streithähne nach der Schlichtung wieder Freunde sein können.

Da spielt die Schiedsperson eine zentrale Rolle ...

Genau. Bei uns kommt viel Aufgestautes auf den Tisch. Da muss man als Schiedsperson ausgeglichen sein, um zu vermitteln und einen Kompromiss zu schmieden. Wir stellen den Parteien die Frage, wie ihre gemeinsame Zukunft aussehen soll. Dazu muss man wissen: Eine angenehme nachbarschaftliche Atmosphäre führt zu beiderseitigen Zufriedenheit und kann dadurch auch den Wert der eigenen Immobilie steigern, ständiger Ärger kann dagegen sogar zu gesundheitlichen Problemen führen.

Über welche Themen streiten Nachbarn eigentlich?

Die Klassiker sind zu hohe Bäume an der Nachbargrenze, Überhang von Ästen, Laubfall, Grillen, nächtliche Lärmbelästigungen, wie zum Beispiel Duschen mit lautem Gesang oder Haustiere, etwa Hundegebell oder ein Meerschweinchenstall, der zu nah an Nachbars Garten steht. Aber auch Leihen unter Freunden kann Ärger auslösen – wenn die Rückgabe oder Rückzahlung ausbleibt.

Manches davon wird im Privatfernsehen vorgeführt. Was halten Sie von diesen Sendeformaten?

Wir haben regelmäßig Anfragen von diversen Fernsehsendern. Schiedspersonen mögen zwar unbekannte Wesen sein und können die Öffentlichkeit gebrauchen. Aber nicht so, wie es die Privatsender machen. Wir „verkaufen“ keine Parteien. Wir sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Was bei uns besprochen wird, bleibt vertraulich.