Essen. Laternen irrlichtern in den kommenden Tagen wieder durch viele Gassen, denn am 11. November ist Martinstag, an dem nicht nur frische Stutenkerle oder Weckmänner den Gaumen kitzeln. Traditionell wird auch ein Braten in den Ofen geschoben.

Die Legende vom Heiligen Martin

Bevor die Martinsgans zur Martinsgans wurde, standen eine gute Tat und ein paar Tage Knast: Weil er Militäreigentum zerstört hatte, kam der römische Offizier Martinus im Jahr 334 in Arrest. Er nutze offenbar diese Mußestunden, um grundsätzlich über sein Leben nachzudenken. Der Legende nach erschien ihm im Traum Jesus Christus mit einem halben Militärmantel. Just jenem Stück Mantel, das er in einer kalten Nacht mit dem Schwert geteilt hatte, um es einem frierenden Bettler vor den Stadttoren von Amiens zu schenken. Ein Zeichen. Martinus gab das Kriegshandwerk auf, ließ sich taufen, erhielt die Priesterweihe und zog sich in eine Einsiedelei zurück, um ein asketisches und vor allem gottgefälliges Leben zu führen.

Wie die Gans zur Martinsgans wurde

Die Neugier und das vorlaute Geschnatter sollen der Gans der Legende nach zum Verhängnis geworden sein. Als die Bürger von Tours einen neuen Bischof suchten, erinnerten sie sich an Martins viele gute Taten. Doch der mochte in seiner Bescheidenheit nicht so recht Hirte einer großen Herde werden. Also versteckte er sich – und zwar in einem Gänsestall. Das wackere Federvieh schlug jedoch Krach, Martin wurde entdeckt und kurzerhand zum Bischof geweiht. Es ist noch eine zweite Version der Legende überliefert, nach der es eine Schar Gänse während einer Predigt Martins schnatternd in die Kirche verschlagen habe.

Semi Hassine und Raphael Eckmann vom Restaurant Fachwerk in der Hattinger Altstadt bereiten einen Gänsebraten zu. (Archiv-Foto: Udo Kreikenbohm / WAZ FotoPool)
Semi Hassine und Raphael Eckmann vom Restaurant Fachwerk in der Hattinger Altstadt bereiten einen Gänsebraten zu. (Archiv-Foto: Udo Kreikenbohm / WAZ FotoPool) © WAZ FotoPool

Und zum Dritten: Der Martinstag war in früheren Zeiten auch Zins- und Abgabentag. Bezahlt wurde auch in Naturalien – etwa mit Gänsen, die im Winter nicht durchgefüttert werden konnten.

Martinsgans und Weihnachtsgans

Es ist eine reine Geschmacksfrage, ob einem die Gans zum Martinstag oder zu Weihnachten besser schmeckt. Sternekoch Alexander Hermann aus Wirsberg bei Bayreuth tendiert eher zur Martinsgans. „Die ersten Gänse empfinde ich meistens als die schöneren, weil die Haut knuspriger wird und sie trotzdem noch genügend von diesem typischen Gansgeschmack haben.“ Der springende Geschmacks-Punkt sei das Fett, denn die Fettschicht sei bei einer Weihnachtsgans einfach erheblich dicker.

Tipps zur Zubereitung

„Ich weiß, man füllt Gänse gern“, sagt Alexander Hermann, „aber ich halte das eher für einen romantischen Akt. Eine Füllung mit Äpfeln ist schön, wirklich schön, aber der Apfel hat für mich keinen geschmacklichen Durchschlag.“ Was gehen würde: Zitrusfrüchte wie Limone, Zitrone oder Orange – aber das passe nicht zur herbstlichen oder weihnachtlichen Gans. Eher schon zur Ente, die er in seiner Kochshow „Sterneküche – durchgedreht“, mit der er im Januar bundesweit auf Tournee geht, mit einer besonderen Methode zubereitet: Elf Stunden im Rohr bei 70 Grad Celsius – und zum Schluss für 20 Minuten die Temperatur hoch drehen. „Die wird sensationell knusprig“, sagt Herrmann. Mit einer Gans gehe das auch, allerdings müsste sie für rund 16 Stunden in den Ofen. Da heißt es: geduldig sein.

Aber es geht auch anders. „Ich empfehle, eine Gänsebrust am Knochen zu kaufen“, sagt Herrmann, „im Backofen gibt man ihr einfach nur bei 120 Grad Celsius Umluft vier Stunden Zeit, damit sie ganz langsam durchgart.“ Zum Schluss gibt man dem Vogel noch einmal richtig Hitze, dann wird die Gänsebrust knusprig und das Fett geht raus. Bliebe noch das Würzen: Einfach nur salzen, ist Herrmanns Tipp. Erst für die Sauce kommen Kräuter, Gewürze und andere Aromen hinzu. „Da bleibe ich ganz puristisch. Die pure Gans hat genügend Aroma.“