Essen. . Was Sie schon immer über die Gans wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten: Was ist das für ein Vogel? Was hat er eigentlich mit Enten zu tun? Und wie gelingt er perfekt, wenn wir ihn erstmal in den Ofen geschoben haben? Eine gansheitliche Betrachtung.
Gans im Ofen ist dieser Tage erste Pflicht der bürgerlichen Küche. Ein bisschen mehr als Brust oder Keule gibt es aber doch zu erzählen. Ein kurzer Blick auf die Gans in Geschichte, Religion, Ritual und Politik. Anspruch auf Vollständigkeit erheben wir gans und gar nicht. Es gibt natürlich noch gans andere Vögel.
Gans christlich
Der Legende nach lehnte St. Martin (wie alle Führungskräfte, die auf sich halten) erst mal ab, als man ihn für den Posten des Bischofs vorschlug. Er hat dann überlegt, wo man einen Gottesmann am wenigsten vermuten würde und entschied sich für einen Stall. Er war voll mit Gänsen, die wiederum zeigten sich auf bekannte Weise mitteilsam. Die Gänse verrieten Martins Aufenthalt. Er wurde gewählt und später ihr Patron. Das gottgefällige Geschnatter hat ihnen selten geholfen, fiel doch der Martinstag aufs Ende des Wirtschaftsjahres, Hauptzinstag und einst ohne Zweifel Grund, es vor dem adventlichen Fasten noch mal richtig krachen zu lassen. Das tat man mit der Martinsgans, die sogar im Ofen noch zum Wetterorakel taugte: „Ist die Martinsgans am Brustbein braun, wird man mehr Schnee als Kälte schaun. Ist sie aber weiß, kommt kaum Schnee und Eis.“
Gans oben
Gerhard Schröder war der amerikanischste unter den Kanzlern, er spielte in Soaps mit, liebte die Show und begnadigte statt des Truthahns, den der Kollege im Weißen Haus vor dem Ofen bewahrte: eine deutsche Gans, Doretta. Es heißt, Schröders Adoptivtochter habe den Mann, der fürs Vegetarische nichts übrig hat, weichgeklopft. Es ist nicht überliefert, was die Schröders Weihnachten 2000 aßen, Doretta aber war frei. Wie in jeder Show, ist die Geschichte hinter den Kulissen nicht weniger interessant. Doretta gab sich 2001 als Ganter zu erkennen. Das Tier ging als Senioren-Bespaßung in ein Altenheim. Die Greise riefen ihn „Schröder“, eine weibliche Gans wurde zugekauft, „Angela“ mit Namen. Schröder aber starb viel zu früh. Gänse werden üblicherweise 30 Jahre, Schröder nur zehn. „Die Leber!“ hieß es im Heim. Nachfolgerin im Amt wurde Therapiehuhn Gerda.
Gans wach
Gänse sind die besseren Wachhunde. Sie sollen 387 v. Chr. das Kapitol gerettet haben. Kein Soldat, kein Hund hatte die heranschleichenden Gallier gehört. Man sieht es ihnen nicht an, aber Gänse haben gute Ohren. In Rom hielten sie sich auf, weil sie der Göttin Juno geweiht waren. Die Gans: eine heilige Kuh!
Gans glücklich
In der auf Eigenwilligkeit beruhenden Gattungslehre des Walt Disney sind Enten und Gänse Verwandte ersten Grades. Für Donald Duck ist Gustav Gans jener unangenehme Teil von Familie, den man sich nicht aussuchen kann. Oft gewinnt Gustav im Lotto oder entdeckt im Rinnstein einen Sack Brillanten. Comic-Leser wissen, dass Donald sowohl Lottoscheine als auch Rinnsteine aus der Nähe kennt, aber als Ente mit völlig anderem Ergebnis aus den Begegnungen hervorwatschelt.
Gans geritten
Um mit zwei Missverständnissen beim Gänsereiten aufzuräumen: Es wird erstens nicht auf einer Gans geritten und zweitens sind die Vögel schon tot, wenn die Reiter nahen. Das hat nichts daran geändert, dass Gänsereiten von Velbert über Höntrop bis Dortmund und Drolshagen Tierschützer auf den Plan rief. Aber geritten wird noch. Der Reiter hat die Augen verbunden, die Gans hängt an einer Schnur. Der Reiter muss sie treffen. Da es zuverlässigere Techniken zur Beschaffung von Lebensmitteln gibt, wird das von vielen als Gaudi empfunden. Zum dritten Missverständnis: Die Wattenscheider Gänsereiterwurst ist vom Schwein, also vogelfrei.
Gans vornehm
Wussten Sie, dass jeder Schwan eine Gans ist? Natürlich lässt sich das der Snob unter den Vögeln kaum anmerken, aber die Zoologie kennt kein Pardon. Im Grunde sind das alles Entenvögel, 24 Arten, fünf Gattungen. Was aufklärt, was Andersens Geschichte vom hässlichen Entlein ist: kein Märchen.
Gans fleischlos
Alle Gänse sind Vegetarier. Niemand dankt es ihnen.