Brüssel. Als die Seniorenresidenz in Flammen aufging, lagen viele Bewohner schon in ihren Betten: Mindestens neun Menschen kommen ums Leben, 30 werden verletzt. Schuld war offenbar ein Kurzschluss in einem Ventilator.

Es ist eine heißer Sommerabend in Melle, eine 10.000-Seelen-Gemeinde in der Nähe der belgischen Stadt Gent. Die Luft ist feucht, das Thermometer zeigt noch über 25 Grad, als die meisten der 92 Bewohner des Altenheims „Kannunik Triest“ zu Bett gehen. Viele können sich ohne Hilfe nicht mehr bewegen, sie sind auf den Rollstuhl angewiesen, einige leiden unter Demenz. Damit sie etwas frische Luft bekommen, haben die Pfleger ihre Türen sperrangelweit offen gelassen. Vom Fluss in der Nähe des Heims zieht ein leichter Wind herauf.

Bei dem Brand in einem Seniorenheim in Belgien kamen neun Menschen ums Leben. Die anderen Bewohner der Einrichtung wurden in Sicherheit gebracht. Foto: afp
Bei dem Brand in einem Seniorenheim in Belgien kamen neun Menschen ums Leben. Die anderen Bewohner der Einrichtung wurden in Sicherheit gebracht. Foto: afp © AFP

Gegen 20 Uhr gibt es im zweiten Stock einen Knall. Rettungskräfte vermuten später, dass in einem der Zimmer ein Ventilator explodiert sein muss, vermutlich war ein Kurzschluss der Auslöser. Flammen schießen aus dem Gerät, greifen sofort auf die Matratze über. Wegen des Durchzugs breitet sich das Feuer rasend schnell aus, springt von Zimmer zu Zimmer.

Neun Menschen sterben an Rauchvergiftung

Eine Pflegerin rennt auf die Straße. „Hilfe, Hilfe“, ruft sie verzweifelt. Nachbarn eilen herbei, stürmen in das Gebäude. Doch der Rauch ist mittlerweile so dicht, dass sie nur bis zur ersten Etage kommen. Sie zerren die Bewohner aus ihren Betten, setzen sie in Rollstühle, bringen sie auf die Straße – fort von den Flammen. Doch für neun Insassen kommt jede Hilfe zu spät, sie sterben an Rauchvergiftungen.

30 Menschen müssen mit Verletzungen ins Krankenhaus gefahren werden, auch zwei Feuerwehrmänner und zwei Krankenwagenfahrer sind dabei. Drei Bewohner schweben noch immer in Lebensgefahr. Der Bewohner, in dessen Zimmer das Feuer ausgebrochen war, ist nicht unter den Opfern. Er konnte das Heim rechtzeitig verlassen und wird mit den restlichen Bewohnern in eine Sporthalle gebracht, das Notquartier für die Nacht.

Flammen schlugen meterhoch

Am nächsten Morgen sitzt der Schock in Melle immer noch tief. Die Polizei hat das Heim weiträumig abgesperrt, um die Ursache des Feuers zu untersuchen. Schaulustige stehen vor den Absperrungen, um einen Blick auf die verkohlten Fensterhöhlen zu erhaschen. „So etwas Schlimmes habe ich noch nicht gesehen“, sagt eine Nachbarin nach nur wenigen Stunden Schlaf. „Die Flammen schlugen meterhoch durch die Fenster.“

Es gibt viele Spekulationen. Einige erzählen von einem implodierten Fernseher, andere, dass sich die Brandschutztüren im Heim automatisch schlossen und einige Teile des Gebäudes so zur Falle wurden. Doch die Feuerwehr bekräftigt, dass das Heim alle Vorschriften erfüllt hat. Es gebe in der Seniorenresidenz zwar keine Sprinkleranlage, die sei aber auch nicht verpflichtend vorgeschrieben.

Im Rathaus tragen sich Einwohner in ein Kondolenzbuch ein. „Das ist eine Katastrophe für die Gemeinde“, sagt Bürgermeister Dirk De Maeseneer. „Wir sind alle in tiefer Trauer.“ Und der Gouverneur der Provinz Ostflandern spricht vom schlimmsten Unglück seit 10 Jahren – damals waren bei einer Massenkarambolage auf der Autobahn sechs Menschen ums Leben gekommen.