La Coruña. Zehn Jahre nach der Ölpest an der spanischen Küste begannen am Dienstag die Anhörungen zu Verfahrensfragen. Am 13. November 2002 schlug der Tanker “Prestige“ leck. Dadurch liefen mehr als 50.000 Tonnen Rohöl aus. Bei dem Mammutprozess werden insgesamt 133 Zeugen und 100 Experten befragt werden.

Es war die schwerste Ölpest in der spanischen Geschichte: Am 13. November 2002 schlug der liberianische Tanker "Prestige" vor der Küste Galiciens Leck und sank sechs Tage später, mehr als 50.000 Tonnen Rohöl liefen aus. Zehn Jahre später begann am Dienstag die juristische Aufarbeitung der Katastrophe. Angeklagt sind vor allem Besatzungsmitglieder, Vertreter aus Politik und Wirtschaft müssen sich nicht verantworten.

Vor dem Gericht im galicischen La Coruña begannen am Dienstag zunächst Anhörungen zu Verfahrensfragen. Der eigentliche Prozess gegen die vier Angeklagten startet am 13. November, dem Jahrestag des Unglücks. Für den Mammutprozess wurde die Kongresshalle von La Coruña zum Gerichtssaal umgebaut. Insgesamt sollen während des bis Mai 2013 angesetzten Verfahrens 133 Zeugen und einhundert Experten befragt werden. 1500 Betroffene haben sich zu 55 Nebenkläger-Gruppen zusammengeschlossen.

Staatsanwaltschaft fordert zwölf Jahre Haft für Kapitän

Verantworten müssen sich der heute 78-jährige griechische Kapitän der "Prestige", Apostolos Mangouras, der aus den Philippinen stammende und bis heute flüchtige Erste Offizier, der griechische Maschinist sowie der damalige Chef der Handelsmarine, José Luis Lopez-Sors, der den havarierten Tanker aufs offene Meer beorderte und damit vermutlich die Katastrophe noch vergrößerte. Die Staatsanwaltschaft fordert zwölf Jahre Haft für den Kapitän. Er, der Maschinist und Lopez-Sors nahmen persönlich an der Anhörung teil.

Der unter der Flagge der Bahamas fahrende liberianische Tanker "Prestige" war am 13. November 2002 während eines Sturms vor der spanischen Nordwestküste leckgeschlagen. Die spanischen Behörden schickten das Schiff aufs offene Meer zurück, wo es sechs Tage lang umherirrte, ehe es zerbrach und sank.

Umweltschützer kritisieren Prozess

Mindestens 50.000 Tonnen der 77.000 Tonnen Schweröl an Bord strömten in den Atlantik und verpesteten über tausende Kilometer die Küsten in Spanien, Frankreich und Portugal. Zehntausende Seevögel verendeten, obwohl sich mehr als 300.000 Freiwillige aus ganz Europa am Kampf gegen die Ölpest beteiligten. Der Gesamtschaden wird auf vier Milliarden Euro geschätzt.

Umweltschützer kritisierten, dass die eigentlichen Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen würden. "So viele, die ebenfalls hier stehen sollten, tun es nicht", bemängelte Greenpeace-Vertreterin Maria José Caballero. Sie nannte unter anderem den heutigen Regierungschef Mariano Rajoy, der damals als Vize-Premier den Krisenstab leitete. Die Bewegung "Umweltschützer in Aktion" forderte strafrechtliche Konsequenzen auch für das American Shipping Bureau, das für die technische Überprüfung der einwändigen "Prestige" zuständig war.

Bis heute liegt das Wrack des Tankers rund 250 Kilometer vor der galicischen Küste in über vier Kilometern Tiefe auf dem Boden des Atlantik. Einige Fischer, die im Kampf gegen die Ölpest mitgeholfen hatten, leiden laut einer Studie bis heute an Atemproblemen und Chromosomen-Veränderungen, die zu einem erhöhten Krebsrisiko führen. (afp)