Bremerhaven.. Shell darf und Gazprom möchte nach Erdöl in der Arktis bohren. Umweltschützer warnen vor den Risiken. Extreme Wetterbedingungen, das Eis und lange Dunkelphasen ließen Aufräumarbeiten nach einem Ölunfall zu einer schier nicht zu bewältigenden Sisyphos-Aufgabe werden.
Der Protest von Umweltschützern war vergeblich: Die US-Regierung hat dem britisch-niederländischen Ölkonzern Shell jetzt die Erlaubnis erteilt, in der Arktis nach Öl zu bohren. Damit ist Shell der erste Öl-Multi weltweit, der mit der Ausbeutung der Arktis beginnt.
Seit sechs Jahren kämpft Shell um die Erlaubnis, hat bereits 4,5 Milliarden Dollar in Vorbereitungsarbeiten investiert. Denn unter dem Meeresgrund schlummern, so schätzen Experten, 90 Milliarden Barrel Öl. Richtig tief darf der Konzern noch nicht bohren. Bis 1400 Fuß (426 Meter) hat die amerikanische Regierung genehmigt. Zunächst sollen Notfallventile installiert werden, die im Falle eines Lecks das Bohrloch schließen sollen.
Um in Gebiete bis 4000 Fuß (1219 Meter) Tiefe vordringen zu dürfen, muss Shell noch ein Notfallschiff bereitstellen. Dafür liegt zurzeit aber noch keine Genehmigung der US- Küstenwache vor. Die Behörden hatten bisher Bedenken bezüglich der Sicherheit des Schiffes.
Ein Fanal der Zerstörung
„Sollte Shell in der Arktis auf Öl stoßen, käme das für die Region einem Fanal der Zerstörung gleich“, sagt Jürgen Knirsch, Ölexperte von Greenpeace. Denn auch die Konkurrenz steht in den Startlöchern. BP hat zwei Jahre nach der Deep Water Horizon Katastrophe im Golf von Mexiko zwar sein „Liberty-Projekt“ vor der Küste Alaskas auf Eis gelegt. Allerdings: nur vorübergehend. Der russische Konzern Gazprom hingegen möchte möglichst schnell in der russischen Petschorasee Öl fördern.
„Der rasche klimatische Wandel in der Arktis wird die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region beschleunigen. Dies betrifft die Erschließung neuer Transportwege ebenso wie die Nutzung lebender und mineralischer Ressourcen wie Fischbestände, Erze, Erdgas und Erdöl“, meint Stefan Hain, Leiter der Stabsstelle Umweltpolitik am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven.
Schwierige Zugänglichkeit
Hain hält den aktuellen Wissensstand über die arktischen Umwelt- und Lebensräume, einschließlich der dort ablaufenden Prozesse, Wechselwirkungen und Rückkopplungen, für unzureichend. Dies hänge auch mit der schwierigen Zugänglichkeit dieser Region zusammen, betont der Forscher.
Die Folgen eines Ölunfalls würden in der Arktis besonders verheerend ausfallen, meinen Greenpeace und die Umweltstiftung WWF. Extreme Wetterbedingungen, das Eis und lange Dunkelphasen ließen Aufräumarbeiten in der Arktis zu einer schier nicht zu bewältigenden Sisyphos-Aufgabe werden.