Berlin/Köln. Aus Sicherheitsgründen hat die Deutsche Bahn ein Pilotprojekt gestoppt, bei dem Segway-Nutzer ihre Elektro-Gehhilfe mit in den Zug nehmen durften. Betroffene sind entsetzt: Durch das Verbot sind sie nicht mehr mobil. Ein Kölner Architekt sucht gemeinsam mit dem Konzern nach einer Lösung.

Hans-Peter Achatzi ist verzweifelt. Als Architekt mit Büro in Berlin und Professur in Köln ist er viel unterwegs - und seit 10 Jahren partiell querschnittsgelähmt. Für diese Herausforderung hatte er die perfekte Lösung gefunden: Seine vielen beruflichen Fahrten legte er bis vor kurzem mit dem Zug und einem Segway zurück: einem Elektro-Gefährt, auf dem eine Person stehend fahren kann.

Doch nun ist die Mobilität des 57-Jährigen nicht mehr sicher gestellt. Anfang August teilte ihm die Deutsche Bahn mit, dass er den Segway ab sofort nicht mehr in ihren Zügen mitnehmen dürfe. Die Genehmigung war Teil eines Pilotprojekts, das nun gestoppt wurde. Das Verbot bringt Probleme mit sich, die nicht ihn allein treffen. Der Architekt weiß von fünf anderen Segway-Nutzern, die viel mit der Bahn unterwegs sind.

"Als Grund hat die Bahn Sicherheitsbedenken genannt", sagt Achatzi. "Dabei gab es in den zwei Jahren, in denen ich so unterwegs war, nicht einen einzigen sicherheitsrelevanten Vorfall." Das bestätigt eine Bahnsprecherin zwar auf Nachfrage, betont aber dennoch die Bedenken der Bahn gegenüber Achatzis Gefährt: "Die Sicherheit der Reisenden und der Bahnhofsbesucher hat oberste Priorität."

Segway ist laut Betroffenen einfacher zu händeln als ein Rollstuhl

Auf den ersten Blick erscheint ein Segway tatsächlich instabil, etwas wacklig, als könnte er umfallen. Genau das ist aber nicht möglich. Aus Sicht von Hans-Peter Achatzi ist das Steh-Gefährt weniger gefährlich als ein elektrischer Rollstuhl. Rollstühle sind in Zügen grundsätzlich erlaubt.

Auch sei ein Segway einfacher zu händeln, betont der Architekt: "Ich brauche keine Hilfe beim Ein- oder Aussteigen. Letztlich kann ich den Segway besser transportieren als einen schweren Koffer." Auf dem Bahnhofsgelände, wo Kraftfahrzeuge nicht erlaubt sind, hat er stets geschoben. Rund 100 Meter schafft Achatzi trotz seines Handicaps zu Fuß. In Belgien, Italien und sogar Moskau war Achatzi mit seinem rollenden Begleiter bereits unterwegs - und hatte auf knapp 6000 gefahrenen Kilometern nie Probleme.

Bahn sucht mit Segway-Fahrern nach gemeinsamer Lösung

Bis jetzt. Dass er als Segway-Benutzer von der Bahn anders behandelt wird als ein Rollstuhlfahrer, irritiert den Architekten: "Es kann doch nicht entscheidend sein, ob man auf dem Gerät sitzt oder steht", sagt er. Er habe dem Unternehmen angeboten zu demonstrieren, wie stabil und unkompliziert seine Geh-Hilfe eigentlich ist - bislang ohne Erfolg.

Die Bahn anzuprangern, ist jedoch nicht Achatzis Anliegen. Im Gegenteil: "Das war doch eine klasse Lösung. Ich hoffe, dass wir wieder zusammenkommen", sagt er. Die Bahn bestätigt, dass gemeinsam nach einer Lösung gesucht werde. Achatzi gerät ins Träumen, wenn er darüber nachdenkt: "Ich war zu hundert Prozent mobil. Die Bahn könnte mit so einem Konzept doch sogar Vorreiter werden, was Reisestandards für Menschen mit Handicap angeht."

Segway-Tour am See

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