Wilhelmshaven. Die Ankunft des havarierten Containerschiffs “MSC Flaminia“ nahe der Insel Helgoland steht bevor. Der Insel-Bürgermeister warnt vor Panikmache. Zugleich werden kritische Stimmen laut, die fragen, warum das mit Gefahrgut beladene Schiff ausgerechnet zum Nationalpark Wattenmeer geschleppt werden muss.
Vor der geplanten Ankunft des schwer beschädigten und mit Gefahrgut beladenen Containerschiffs "MSC Flaminia" unweit der Nordsee-Insel Helgoland hat deren Bürgermeister Besonnenheit angemahnt. Da etwa das Durchfahren des Ärmelkanals genehmigt worden sei, gehe er davon aus, dass die Lösungswege mit den Risiken ausreichend abwogen worden seien, sagte Jörg Singer am Dienstag mit Blick auf Warnungen vor möglichen Umweltgefahren. Die Situation sollte nicht dramatisiert werden. Oppositionspolitiker aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen hatten kritisiert, dass das Schiff "vor die Haustür" des Wattenmeers geschleppt werde.
Die "Flaminia" soll nach Angaben des Havariekommandos in der Nacht zum Samstag deutsche Hoheitsgewässer erreichen. Der Reederei NSB zufolge wird das Schiff, das Dutzende Gefahrgut-Container an Bord hat, zunächst etwa 22 Kilometer westlich von Helgoland auf Tiefwasserreede gelegt. Spezialisten des Bundes untersuchen den Frachter, bevor er zum Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven gezogen wird.
Sicherheitszone von einer Seemeile
"Alles läuft planmäßig", sagte der Chef des Havariekommandos, Hans-Werner Monsees, in Wilhelmshaven. Alle 2.876 Container an Bord des 300 Meter langen Schiffs seien überprüft worden. Derzeit befinde es sich bei Le Havre in französischen Gewässern und komme mit einer Geschwindigkeit von vier Knoten (etwa 7,4 Kilometer pro Stunde) voran. Rund um das Schiff soll eine Sicherheitszone von einer Seemeile eingerichtet und der Luftraum gesperrt werden. Der Aufenthalt in Wilhelmshaven wird nach Monsees Angaben "mehrere Wochen" dauern.
An Bord des Frachters war am 14. Juli im Atlantik ein Feuer ausgebrochen. Ein Seemann wurde getötet, ein weiterer gilt als vermisst. Das zuletzt vor der britischen Westküste gelegene Schiff hatte am Sonntag mithilfe eines Schleppers Kurs in Richtung Deutschland genommen.
Verantwortungsbewusstes und professionelles Handeln gefragt
Helgolands Bürgermeister Singer verwies mit Blick auf die Sicherheitsdebatte darauf, dass pro Jahr etwa 160.000 Schiffe das Seegebiet nahe der Insel durchquerten. Er forderte in der Causa "Flaminia" ein verantwortungsbewusstes und professionelles Handeln.
Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, Heiner Rickers, hingegen zeigte sich erstaunt darüber, dass der Havarist "ausgerechnet vor die Haustür des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer geschleppt werde". Umweltminister Robert Habeck müsse Parlament und Öffentlichkeit unverzüglich darüber informieren, "auf welcher Grundlage die Landesregierung das damit verbundene Risiko für den Nationalpark als vertretbar erachtet".
Warnung vor großer Eile
Der hafenpolitische Sprecher der niedersächsischen SPD-Fraktion, Olaf Lies, warnte vor zu großer Eile bei der Bergung des havarierten Frachters. CDU und Grüne mahnten nach einer Unterrichtung im Häfenausschuss des niedersächsischen Landtag eine Schärfung der europäischen Nothafenregelung an. "Es ist ein Skandal, dass die EU-Mitgliedstaaten Portugal, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Niederlande und Belgien dem Havaristen jegliche Hilfe verweigert und sich nicht einmal an der Löschung des Feuers an Bord beteiligt haben", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Björn Thümler. (dapd)