Rom. . In Italien sind 2400 Hunde per Gerichtsbeschluss den Laboren für Tierversuche entronnen und werden nun in nette Hände gegeben. Die Nachfrage ist groß. Die Zahl der ausgesetzten Urlaubstiere aber ist größer. Zwei Firmenchefs und der Tierarzt müssen sich wegen Tierquälerei verantworten.
Sie nannten ihn den „Hügel des Todes“ oder ein „KZ für Hunde“. Nun, nach langem wechselvollen Rechtsstreit, nach Protestzügen und Straßenblockaden, nach dem Eindringen mit wilden „Befreiungskommandos“ aufs Firmengelände sind Italiens Tierschützer am Ziel: Rund 2400 Beagles konnten sie retten.
Bereits zwei Gerichtsinstanzen haben der Staatsanwaltschaft recht gegeben. Beschlagnahmt bleiben die fünf Ställe der Aufzuchtanlage „Green Hill 2001“ nahe der lombardischen Industriestadt Brescia. Zwei Firmenchefs und der Tierarzt – der einzige für 2400 Hunde – müssen sich für Tierquälerei, nicht artgerechte Haltung, ja sogar für ungerechtfertigte Tötung verantworten. Die Beagles, die als Versuchstiere für die Pharma-Industrie sowie für Forschungslabore in Italien und ganz Europa bestimmt waren, werden derzeit an italienische Familien verteilt.
Im Urlaub ausgesetzt
Die Nachfrage nach den Hunden, so sagen die Umweltschützer und Tierversuchsgegner, deren Verbände die Prozedur per Internet abwickeln, übersteige das Angebot deutlich. Gleichzeitig verbreitete Fotos von niedlichen, flauschigen Hündchen – die Hälfte der Beagles ist zwischen drei und acht Monaten alt – erhöhen naturgemäß den Mitleidseffekt.
„Green Hill 2001“, die als Tochter der US-Firma Marshall Farm Inc. die 23 Jahre alte Anlage betrieb, nennt den Stopp „in schwerwiegender Weise illegal“. Das Unternehmen verweist auf „zahllose Kontrollen“, in denen Italiens Behörden nichts Gesetzwidriges gefunden hätten. In der Tat: Erst im März hatte die Staatsanwaltschaft von Brescia ein Ermittlungsverfahren eingestellt. Eine direkte Misshandlung von Hunden hatte sich nicht feststellen lassen – worauf die Tierversuchsgegner eine neue Fährte legten. Aufgrund seiner speziellen Rassemerkmale, legten sie dem Gericht dar, sei der bei Versuchslaboren wegen seiner Umgänglichkeit geschätzte Beagle ein „Laufhund“, der Bewegung im Freien brauche und nicht in Ställen gehalten werden dürfe. Damit sind sie nun durchgekommen.
600.000 wildernde Hunde
So zeigt sich Italien just in diesen Wochen von zwei entgegengesetzten Seiten: Den in so rührender Tierliebe befreiten 2400 Beagles stehen nämlich jene „störenden“ Hunde gegenüber, die jeden Sommer, pünktlich zu Urlaubsbeginn, in noch größerer Zahl irgendwo im Land von ihren Besitzern ausgesetzt werden.
An die 600 000 verlassene Hunde, so hat das Gesundheitsministerium ermittelt, streifen und wildern durch das Land. Gelegentlich fallen sie Menschen an. Im Frühjahr ist ein Rentner in Mailand unter ihren Bissen sogar verblutet.