Los Angeles. . Einst stand er für die „Reifeprüfung“ und für “Rain Man. Mittlerweile ist Dustin Hoffman eine Legende geworden zwischen Filmkunst wie „Marathon-Man“ und großer Unterhaltung wie „Tootsie“. Am Mittwoch wird der kleine große US-Schauspieler 75 Jahre alt.
Mit beiden Fäusten trommelt er auf die Glasbausteine ein, die den Blick in die Kirche freigeben. „Elaine“, schreit er immer wieder, und irgendwann erhört sie ihn tatsächlich und flüchtet aus der eigenen Trauungszeremonie, um mit ihm durchzubrennen. Wie in einer Endlosschleife kommen uns diese Filmbilder in den Sinn, dieser junge, verzweifelte Kerl und die Erlösung in dieser unvergesslichen Schlussszene. Vielleicht auch, weil das Fernsehen „Die Reifeprüfung“ seit 45 Jahren so sehr liebt wie wir, das Publikum. Und diesen kleinen großen Schauspieler namens Dustin Hoffman, der, tatsächlich, am Mittwoch schon 75 Jahre alt wird.
Vermutlich überrascht diese Zahl auch nur, weil Hoffman sich mit seiner zappeligen Nervosität und der Lust zur Maskerade eine gewisse Alterslosigkeit erspielt hat. Dieser hastige Gang, die kleinen Trippelschritte, die abrupten Bewegungen – das Jungenhafte, Unfertige steckt wohl auf ewig in ihm.
Dustin Hoffman steht für Perfektion im Kleinen
Gleichwohl war er schon früh um die Perfektion auch im Kleinen bemüht. Als schwer kranker Kleinganove Ritzo in John Schlesingers meisterhaftem „Asphalt Cowboy“ steckte er sich 1969 noch Steinchen in den Schuh, um das Hinken in den New Yorker Straßenschluchten überzeugender hinzubekommen. Zu dieser Zeit konnte er immerhin schon von der Schauspielerei leben. Bevor Mike Nichols ihn 1967 auserkor, sich für eine Gage von 17 000 Dollar als spröder Student Benjamin Braddock von der doppelt so alten „Mrs. Robinson“ verführen zu lassen, dümpelte Hoffman in kleinen Theaterproduktionen herum und wohnte in seiner Heimatstadt Los Angeles bei seinen Kumpels Gene Hackman und Robert Duvall zur Untermiete.
Die 70er aber wurden seine Zeit. Dabei taugte der 1,69 Meter kleine Hoffman mit seinen kurzen Beinen und den schmalen, hängenden Schultern keineswegs zum klassischen Hollywoodhelden. Doch viele Regisseure suchten in dieser Zeit des künstlerischen Umbruchs ohnehin nach gebrochenen Typen.
Hollywood-Klassiker
Und Hoffman verkörperte wie kein Zweiter die verletzte Unschuld, den Mann, der sich urplötzlich mit den menschlichen Abgründen konfrontiert sieht und über sich hinauswachsen muss. So erlebte man ihn vor allem in Schlesingers großartigem Thriller „Der Marathon Mann“, in dem er 1976 als Student in die Fänge eines ehemaligen KZ-Arztes gerät. Der foltert ihn mit einer Zahnbehandlung, die auf Durchschnittspatienten im Kino etwa die gleiche Langzeitwirkung ausübte wie „Der weiße Hai“ auf Badegäste. Aber auch in Sam Peckinpahs „Wer Gewalt sät“, in dem er 1971 einen netten Städter spielt, der in einem eskalierenden Konflikt mit ein paar Landspießern die eigenen dunklen Seiten ausleben muss, um zu bestehen.
Dustin Hoffman spielte in „Rain Man“ und „Tootsie“
Hoffman behauptete sich auch stets spielend an der Seite der starken und gutaussehenden Burschen wie Steve McQueen im Urwaldgefängnis-Drama „Papillon“ 1973, Robert Redford im Watergate-Krimi „Die Unbestechlichen“ 1976 und – natürlich – als Autist neben seinem Filmbruder Tom Cruise in „Rain Man“, der Hoffman 1989 seinen zweiten Oscar einbrachte. Für einen Papa, der seinen kleinen Jungen mit dem Zubereiten von „Armen Rittern“ vom Scheidungshorror ablenkt, hatte er sich die Trophäe neun Jahre zuvor bereits verdient: „Kramer gegen Kramer“ gehört neben „Tootsie“, für den er 1982 in Frauenkleider stieg, zu Hoffmans kommerziell erfolgreichsten Filmen.
Anders als die ebenfalls Großen seiner Generation, Al Pacino oder Robert De Niro, stürzt Dustin Hoffman mit seinen Filmen nur ganz selten ab. Auch wenn ihm die Klamotte „Ishtar“ mit Warren Beatty 1987 rekordverdächtig harte Verrisse einbrockte, so lag er in den allermeisten seiner 60 Filme mit der Rollenauswahl gut. Und dass noch einiges folgen wird, darf man erwarten. Auch wenn er heute keine jungen Bräute mehr aus Kirchen entführen muss. Er ist schließlich verheiratet und hat sechs Kinder.