Regensburg/Rom. . Der erzkonservative Kirchenmann soll Vorsitzender der Glaubenskongregation werden. Montag oder Dienstag wird seine Ernennung durch den Papst erwartet. Damit würde der Vatikan noch deutscher.
Spekuliert wird schon seit Jahren, Anfang dieser Woche soll es nun Gewissheit geben. Montag oder Dienstag soll Papst Benedikt XVI. den Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller zum Chef der Glaubenskongregation im Vatikan ernennen. Das erwarten deutsche Kirchenkreise, wie die WAZ Mediengruppe erfuhr. Auch mehrere bayerische Zeitungen berichteten am Wochenende über den anstehenden spektakulären Personalwechsel, der dem 64-jährigen Müller den drittwichtigsten Posten in der Hierarchie der rund 1,1 Milliarden Gläubige umfassenden katholischen Kirche bescheren würde. Bis zu seiner Wahl zum Papst 2005 stand Josef Ratziger selbst mehr als zwei Jahrzehnte lang der mächtigen Behörde vor, die die katholische Lehre gegen alle Irrungen und Abweichungen verteidigen soll. Müller würde dort den 76-jährigen US-amerikanischen Kardinal William Joseph Levada ablösen.
Müller gilt als katholischer Hardliner
Müller gilt als katholischer Hardliner und – neben Kölns Kardinal Joachim Meisner – wohl polarisierendster Bischof der Republik. In Regensburg ist er seit seinem Amtsantritt vor knapp zehn Jahren vergleichsweise drastisch gegen Laien, Pfarrer oder Theologie-Professoren vorgegangen, die seiner Ansicht nach zu kritisch mit ihrer Kirche umgingen. Noch vor sechs Wochen schrieb er kirchlichen Reformgruppen wie „Wir sind Kirche“ eine „parasitäre Existenzform“ zu.
Ähnlich radikal ist seine Haltung zu vielen Medien, in deren Berichterstattung er oft einen Grund für Missstände in der eigenen Kirche sieht. So 2010, als er in einer Predigt Parallelen zwischen der Berichterstattung über den katholischen Missbrauchsskandal und die Propaganda-Maschinerie der Nazis zog. In seinem Bistum zog sich Müller zudem den Unmut vieler engagierter Gläubiger zu, als er 2005 die Laiengremien neu ordnete und unter anderem die jeweiligen Pfarrer automatisch zu Vorsitzenden der Pfarrgemeinderäte machte, die diese Pfarrer eigentlich beraten sollen.
Müller gilt als Theologe der Spitzenklasse
Doch neben diesem nach außen hin erzkonservativ und gelegentlich sehr hart wirkenden Müller hat der Regensburger Bischof auch Seiten, die weniger öffentlichkeitswirksam sind, ihn aber aus römischer Sicht für das Spitzenamt in der Kurie qualifizieren könnten. So gilt Müller nicht nur im deutschsprachigen Raum als Theologe der Spitzenklasse und bestens qualifizierter Intellektueller – eben als einer, der gerade im fachlichen Diskurs gut verteidigen kann, was „katholisch“ ist und sich auf internationalem Parkett durchaus geschickter bewegen dürfte, als in Deutschland, wo er sich in den vergangenen Jahren viele Kritiker zu persönlichen Feinden gemacht hat.
Doch wie es scheint, wird die Spitze der katholischen Kirche in Zukunft noch ein wenig „deutscher“ (beziehungsweise bayerischer) – und der Papst hat rechtzeitig vor seinem morgen beginnenden Sommeraufenthalt in Castel Gandolfo ein wichtiges Personalproblem gelöst.