Hannover. Der Verein gilt als einer der größten und einflussreichsten Rockergruppen in Deutschland. Nun hat er sich nach Angaben der Polizei selbst aufgelöst. Die Polizei begrüßt diesen Schritt, wird die Entwicklung in der Rockerszene und im Rotlichtmilieu aber im Auge behalten.

Die Hells Angels in Hannover sind einem Verbot zuvorgekommen und haben sich selbst aufgelöst. Damit folgen die Hannoveraner dem Charter Potsdam, das bereits Mitte Juni sein Ende bekannt gegeben hatte. Offenbar war der Druck durch die laufenden Ermittlungen der Polizei zuletzt zu groß geworden. Das Landeskriminalamt geht davon aus, dass die Auflösung deswegen vorgenommen wurde.

Jahrelang hatte der Club in Hannover unter seinem Präsidenten Frank Hanebuth das Rotlicht- und Amüsierviertel am Steintor kontrolliert. Nach zunehmender Kritik hatten sich die Rocker allerdings im November vergangenen Jahres aus dem Viertel zurückgezogen. Als Grund nannte Hanebuth damals eine "beispiellose, ungerechtfertigte Hetzkampagne", die "ahnungslose Journalisten und zahlreiche Politiker" gegen ihn, seine Firma und die Geschäftsinhaber am Steintor geführt hätten.

Polizei und LKA wollen Entwicklung im Blick behalten

Die Polizei kündigte an, die weitere Entwicklung in der Rockerszene auch nach der Auflösung genau zu beobachten. In den vergangenen Monaten habe es aber keinerlei "Machtkämpfe im Milieu" gegeben, betonte die Polizei. "Dennoch werden wir jetzt genau hinschauen, ob es wirklich so kommt oder die Ankündigung zur Auflösung nur Lippenbekenntnisse sind", sagte Frank Federau, Sprecher des Landeskriminalamtes.

Äußerungen der Hells Angels beim NDR lassen aber den Schluss zu, dass die Auflösung möglicherweise nur taktisches Kalkül gewesen sein könnte. Ein Zusammenschluss aller Charter in Deutschland wäre durchaus denkbar, sagte der Pressesprecher der Hells Angels in Deutschland, Rudolf Triller, dem Sender. Dann würde man schon sehen, was man davon hätte, sagte Triller weiter.

Auch der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, mahnt zur Vorsicht in Sachen Rockerkriminalität. Der Schritt sei "medienwirksam inszeniert" und der Verein könne dadurch schnell Geschichte sein, die kriminellen Neigungen einiger Mitglieder könnten aber fortbestehen, sagte Wendt am Donnerstag in Berlin. "Es steht zu befürchten, dass manche ehemaligen Mitglieder in den Untergrund gehen, um dort neue Strukturen aufzubauen", fügte er hinzu.

Federau zufolge ist die Auflösung auf die "beharrliche Arbeit der Polizei" zurückzuführen, die in den vergangenen Monaten schärfer gegen die Hells Angels vorgegangen war. Die Offenbarungen eines Ex-Rockers der inzwischen aufgelösten Kieler Gruppierung Legion 81, einer Hilfstruppe der Hells Angels, hatten am 24. Mai zu einer großen Polizeirazzia in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen geführt, bei der rund 1200 Polizeibeamte im Einsatz waren. Dabei wurde auch das Privathaus von Hanebuth durchsucht.

Brockmann und Weil begrüßen Auflösung

Hannovers Polizeipräsident Axel Brockmann begrüßte die Auflösung ausdrücklich. "Hannover wird sehr gut ohne die Hells Angels auskommen", sagte er. Auch Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) zeigte sich zufrieden. "Die Hells Angels haben sich im hannoverschen Steintorviertel zeitweise in einer Art geriert, die nicht akzeptabel war", sagte er.

Im Nachbarland Schleswig-Holstein wurden die Flensburger Hells Angels nach wiederholten gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Bandidos bereits im April 2010 verboten. Ende Januar folgte ein Verbot des Charters Kiel. Am 19. Juni hatte das Oberverwaltungsgericht in einem ersten Verfahren das Verbot des Charters Flensburg bestätigt. Auch in Berlin wurden die Hells Angels bereits verboten. In Niedersachsen strebte man zuletzt auch ein Verbot des Clubs an, allerdings wurden noch handfeste Beweise zusammengetragen, um das Verbot gerichtsfest zu machen. (dapd)