Kiel. Frank Hanebuth soll den Mord an dem türkischen Zuhälter Tekin B. in Auftrag gegeben haben. Das jedenfalls sagt ein Kronzeuge vor dem Kieler Landgericht. Tekin B. ist seit Ende April 2010 verschwunden - nach seiner Leiche wird noch gesucht. Niedersachsen hofft, mit der Aussage des Kronzeugen ein Verbot des Rockerclubs durchsetzen zu können.
Eine Woche nach der Razzia gegen die Hells Angels in Norddeutschland hat ein
Kronzeuge vor dem Kieler Landgericht Rockerboss Frank Hanebuth des Mordauftrags beschuldigt. Hanebuth, Chef der Hells Angels in Hannover, habe den
Auftrag für die Ermordung des türkischen Zuhälters Tekin B. gegeben, sagte der
frühere Chef einer mittlerweile aufgelösten Unterorganisation der Rocker am
Donnerstag den Richtern. Das berichtete der NDR auf seiner Onlineseite.
Hanebuth wies die Anschuldigungen über seinen Anwalt
zurück.
Derweil suchten die Ermittler weiter nach einer möglicherweise bei
Kiel einbetonierten Leiche. Der Verdacht sei zu groß, als dass auch nur ein kleiner Bereich
ausgelassen werden könnte, sagte Oberstaatsanwältin Birgit Heß.
Wann Ergebnisse vorliegen, war unklar. Die Polizei
spricht weiter von einer anhaltenden Spurensicherung. Die Ermittler suchen nach
Tekin B., einem 47-jährigen Türsteher aus Kiel, der seit dem 30. April 2010
verschwunden ist und wegen Drogengeschäften mit der Rockerbande
aneinandergeraten sein soll. Medienberichten zufolge wurde der Mann vor seinem
Tod grausam gefoltert.
Neue Argumente für ein Verbot der Rocker?
Der Kronzeuge in Kiel beschuldigte Hanebuth zudem, den verbotenen Hells-Ableger in
Schleswig-Holstein finanziell überwacht zu haben. Sollten seine Aussagen
stimmen, hätten die niedersächsische Behörden neue Argumente für ein Verbot auch
des niedersächsischen Rockerverbands.
Die Lagerhalle in Altenholz war nur eines von fast 90 Objekten, die
1200 Beamte im Zuge der groß angelegten Razzia am 24. Mai durchsucht hatten.
Bei den Durchsuchungen gegen den verbotenen Hells-Angels-Ablegers in Kiel wurden
fünf Mitglieder festgenommen, darunter auch Anführer. An der Razzia beteiligt
waren Mitglieder der Anti-Terror-Einheit GSG 9, die sich auf Hanebuths Anwesen
bei Hannover vom Hubschrauber abseilten und bei der Stürmung dessen Hund
erschossen. Zudem wurde die Wohnung eines Rockers in Hamburg durchsucht.
Kronzeuge ist selbst angeklagt
Anlass der Großrazzia waren 194 Ermittlungsverfahren der
LKA-Sonderkommission "Rocker" gegen 69 Beschuldigte wegen Waffenhandels,
Korruption, Erpressung, Menschenhandels und Körperverletzung.
Der Kronzeuge ist in Kiel selbst Angeklagter. Er muss sich seit
November 2011 unter anderem wegen Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung
verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, mit massiver Gewalt
Mitglieder verschiedener Vereine für seine Zwecke eingespannt zu haben. Auch
soll der Mann Angehörige seiner Organisation "Legion 81" veranlasst haben, ein
Mitglied des mittlerweile verbotenen MC Bandidos Neumünster zu verletzen.
Am Donnerstag hat sich der Angeklagte erstmals nach mehr als 30
Verhandlungstagen in dem Mammutverfahren geäußert. Einer Sprecherin des
Landgerichts zufolge geht es dabei in erster Linie um die ihm zur Last gelegten
Anklagepunkte und nur zufällig um die Großrazzia in der vergangenen Woche. Der
Angeklagte soll Informant für die Durchsuchungen gewesen sein. (dapd)