Berlin. Samuel Koch wünscht sich mehr Unterstützung für Behinderte. Er begegne im Alltag immer wieder Hindernissen, die er sich vor seinem Unfall niemals hätte vorstellen können, sagte der 24-Jährige, der seit seinem Auftritt als Kandidat in der ZDF-Show “Wetten, dass..?“ gelähmt ist, am Dienstag in Berlin.
Die Aufmerksamkeit ist Samuel Koch sichtlich unangenehm. Der 24-Jährige sitzt am Dienstag im Café des Bundestags und spricht über seine Aufgabe als Jugendbotschafter des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands (CJD). "Ich fühle mich fast ein bisschen überfordert", sagt er mit leiser Stimme. Eine klare Botschaft hat er dennoch. Der 24-Jährige, der seit seinem Unfall als Kandidat in der ZDF-Show "Wetten, dass..?" im Dezember 2010 vom Hals abwärts gelähmt ist, fordert mehr Unterstützung für Behinderte.
Er begegne im Alltag immer wieder Hindernissen, die er vor seinem Unfall nicht für möglich gehalten hätte. So sei er als Rollstuhlfahrer schon im Kino, im Supermarkt oder am Flughafen an seine Grenzen gestoßen. "Man kann noch einiges tun", sagt Koch. Schon wenige Stufen könnten für Rollstuhlfahrer unüberwindliche Hürden darstellen.
Kürzlich habe er seinen Flieger verpasst, weil die eigens für Meschen mit Behinderung zuständigen Helfer nicht rechtzeitig erschienen seien. "Wir sind dann auf eigene Faust los", erzählt Koch. Das Flugzeug hätten sie aber nicht mehr erreicht. "Das war schon etwas unsensibel." Auch mit den Drehkreuzen am Eingang von Supermärkten habe er kämpfen müssen: "Ich musste mich hinlegen und sozusagen als Einkaufswagen reduzieren, um durch die Schleuse zu fahren."
"Nicht alle erfahren so viel Unterstützung"
Er selbst werde von seiner Familie und seinen Freunden unterstützt und könne nun sein Studium an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover fortsetzen. "Aber nicht alle erfahren so viel Unterstützung", sagt Koch. Er sei sehr dankbar, dass er trotz seiner Behinderung wieder studieren könne. Bei seiner Rückkehr nach Hannover habe er aber auch einige Probleme bewältigen müssen. "Es gab durchaus Anlaufschwierigkeiten und es gibt sie noch", sagt Koch.
Die Wohnungssuche in Hannover habe sich "äußerst komplex und langwierig" gestaltet. Auch die Suche nach geeigneten Therapeuten sei schwierig. Die Rückkehr an alte Schauplätze wie das Leistungszentrum in Hannover, in dem er sich vor seinem Unfall fit gehalten hatte, sei für ihn auch eine Art "Selbstgeißelung" gewesen. Gleichzeitig genieße er den Kontakt zu seinen Freunden und Kommilitonen.
Koch war als Jugendbotschafter des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands zu Gast im Bundestag. "Sie sind das Sinnbild eines guten Ermutigers", sagt der Vorstandssprecher des CJD, Hartmut Hühnerbein. Koch könne vielen Betroffenen ein Vorbild sein.
"Ich bin alles anders als ein Vorbild"
Der Student selbst kann mit solchen Zuschreibungen wenig anfangen: "Ich bin alles andere als ein Vorbild", betont Koch. Er sei gegen ein Auto gelaufen und habe dabei nahezu alle Körperfunktionen verloren. Durch die unfreiwillige Öffentlichkeit habe er aber eine gewisse Verantwortung. Er nehme zwar nur so viele Termine wie unbedingt nötig wahr. Wenn es um eine gute Sache geht, springe er aber über seinen Schatten.
Das CJD, das an bundesweit 150 Standorten Programme für Behinderte, Schulverweigerer, Hochbegabte, jugendliche Straftäter oder ehemalige Drogenabhängige anbietet, feiert in diesem Jahr sein 65-jähriges Bestehen. An Ruhestand sei aber noch lange nicht zu denken, heißt es im Vorwort zum Jahresbericht des CJD. "Da musste ich schmunzlen, weil ich auch noch nicht in Rente gehen will", bekräftigt Koch. (dapd)