Essen. . Sein Leben war Rock ’n Roll: wild, rebellisch, selbstzerstörerisch. Rainer W. Fassbinder drehte mit manischer Energie, erfand nebenher den Neuen Deutschen Film. Jetzt, zum 30. Todestag, widmet ihm Arte eine Reihe.
Ende der 60er war Opas Kino tot, kommerziell wie künstlerisch. Rainer Werner Fassbinder fegte es wie kein anderer deutscher Regisseur hinweg. Mit manischem Arbeitseifer schuf der Film-Rebell neue Themen, neue Bilder, neue Stars. Was einst polarisierte, ist längst Kult. Fassbinder lebte, wie so viele seiner Generation, nach dem Motto des Country-Klassikers „Live Fast, Love Hard, Die Young“ – lebe schnell, liebe heftig, stirb jung. Fassbinder wurde nur 37. Zum 30. Todestag des begnadeten Geschichtenerzählers am 10. Juni startet Arte eine Fassbinder-Reihe.
Sie beginnt bereits am 8. Juni, 20.15 Uhr, mit dem Science-Fiction-Zweiteiler „Welt am Draht“, den der Film-Lümmel 1973 für den WDR drehte und der im Jahr darauf mit einem Grimme-Preis bedacht wurde.
„Händler der vier Jahreszeiten“ von 1971 über kaputte Familien-Beziehungen in den 50ern folgt am Montag, 11. Juni, 20.15 Uhr. Die Besetzungsliste liest sich wie ein Who-is-who in Film und Fernsehen. Irm Herrmann ist dabei, Hanns Schygulla, natürlich, aber auch Schauspieler wie Klaus Löwitsch und Jürgen Prochnow, selbst der ermordete Volksschauspieler Walter Sedlmayr stand vor der Kamera. Anschließend fließen „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ (21.40 Uhr), den Abend beschließt der Kurzfilm „Das kleine Chaos“ (23.40 Uhr).
Am Mittwoch, 13. Juni, zeigt Arte „In einem Jahr mit 13 Monden“ um 22.55 Uhr – ein Transsexuellen-Drama.
Frau zwischen unerfüllter und unerreichbarer Liebe
Am Montag, 18. Juni, gibt es einen weiteren Dreier-Pack. Der Abend beginnt der „Ehe der Maria Braun“ (1978) um 20.15 Uhr. Hanna Schygulla spielt die Titelheldin zwischen unerreichbarer und unerfüllter Liebe, ebenfalls ein Drama, das vom Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen erzählt. Um 22.10 Uhr schiebt Arte die Doku zum Film nach. Im Nachtprogramm, um 23.05 Uhr, folgt das Melodram „Das Faustrecht der Freiheit“.
Und noch ein Dreier, und zwar am Mittwoch, 20. Juni. „Angst essen Seele auf“ (20.15 Uhr) thematisiert bereits 1973, seiner Zeit um Jahrzehnte voraus, die Liebe zwischen einer Frau (Brigitte Mira) und ihrem deutlich jüngeren ausländischen Freund (El Hedi ben Salem). Um 23.15 Uhr läuft der Kurzfilm „ Angst isst Seele auf“. Anschließend, um 23.30 Uhr, porträtiert die Doku „Ich will nicht nur, dass Ihr mich liebt“ den bisexuellen Filmemacher, der seinen Schauspieler-Clan wie eine Ersatzfamilie um sich scharte.
Am Montag, 25. Juni, wird klargestellt, dass Fassbinder auch bürgerliche Literatur konnte. An „Fontane – Effi Briest“ (20.15 Uhr) aus dem Jahr 1974 faszinierte Fassbinder der Konflikt zwischen Liebe und gesellschaftlicher Konvention. Hanna Schygulla überzeugt als tragisch Liebende auch in Kostümen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. In „Liebe ist kälter als der Tod“ (22.30 Uhr) aus dem Jahr 1969 thematisiert Fassbinder indes käufliche Liebe. In dem Luden-Drama macht auch Uli Lommel eine gute Figur. Deutschlands unbekanntester Hollywood-Star im „Spiegel“ über Fassbinder: „In einer Kneipe in München sagte er zu mir: ,Ich will Filme machen. Jemand hat mir Geld versprochen, wenn du mitmachst.’ Er war ein halbes Jahr jünger als ich und hatte diese Attitüde aus Genie, des Teufels General und trinkendem Desperado.“