Paris. Gegen den früheren Chef des Weltwährungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, ist nach Angaben seines Anwalts vorläufige Anklage wegen Beteiligung an einem Prostitutionsring erhoben worden. Strauss-Kahn wurde am Montag mehrere Stunden lang von einem Ermittlungsrichter vernommen.
Gebannt verfolgte die Welt im vergangenen Jahr den tiefen Fall des französischen Spitzenpolitikers Dominique Strauss-Kahn. Das Zimmermädchen Nafissatou Diallo warf dem damaligen Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor, sie in einem Hotel in New York sexuell angegriffen zu haben. Wegen mangelnder Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers stellte die US-Justiz das Strafverfahren ein. Die Zivilklage, in der Diallo Schadensersatz fordert, blieb davon aber unberührt. Eine erste Anhörung findet am Mittwoch vor einem Gericht in New Yorker statt.
Die Vorgänge in der Hotelsuite am 14. Mai 2011 werfen bis heute Fragen auf, ein sexueller Kontakt zwischen Strauss-Kahn und Diallo gilt aber als sicher. Der Franzose selbst gestand in einem TV-Interview eine "unangemessene Beziehung" ein, bestand aber darauf, dass der Sex einvernehmlich war.
Zivilklage gegen Strauss-Kahn
Die Staatsanwaltschaft vermutete ursprünglich ein Verbrechen und erhob Anklage wegen Vergewaltigung und anderer krimineller sexueller Akte. Auch wenn Strauss-Kahn auf seiner Unschuld beharrte, musste er den Chefposten beim IWF niederlegen und seine Ambitionen auf eine Kandidatur bei der französischen Präsidentschaftswahl begraben. Ein hochkarätiges Verteidigerteam bemühte sich darum, eine Verurteilung abzuwenden, die eine lange Haftstrafe bedeutet hätte.
Noch vor Beginn eines Strafprozesses strengte Diallo Anfang August dann eine Zivilklage gegen Strauss-Kahn an, in der sie Schadensersatz in unbestimmter Höhe wegen eines "gewalttätigen und sadistischen Angriffs" forderte. Strauss-Kahns Anwälte werteten dies als Beweis dafür, dass es dem Zimmermädchen vor allem darum gehe, aus den Vorwürfen finanziellen Profit zu schlagen.
Strauss-Kahn kehrte nach Frankreich zurück
Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst keine Zweifel an der Darstellung der Einwanderin aus Westafrika. Doch Diallo verwickelte sich in Widersprüche, zuletzt bezeichneten selbst die Ermittler sie als notorische Lügnerin. Das Strafverfahren wurde deshalb Ende August eingestellt, Strauss-Kahn kehrte nach Frankreich zurück.
Ob es nun zu einem Zivilprozess kommt, ist unklar. Bei der Anhörung am Mittwoch muss Richter Douglas McKeon über einen Antrag von Strauss-Kahns Anwälten befinden, das Verfahren einzustellen. Sie argumentieren, dass der Franzose als IWF-Chef damals über diplomatische Immunität verfügt habe. Diallos Anwälte sehen das anders und werfen der Gegenseite vor, das Verfahren verschleppen zu wollen. Weder Strauss-Kahn noch Diallo müssen vor Gericht anwesend sein. Eine Entscheidung dürfte erst in den kommenden Wochen fallen.
Strauss-Kahn ist auch in seiner Heimat ins Visier der Justiz
Sollte das Gericht den Antrag von Strauss-Kahns Verteidigung zurückweisen, beginnt für beide Seiten die langwierige Vorbereitung auf die Hauptverhandlung, bei der sie Beweismittel zusammenstellen und Zeugenaussagen einholen. Für diesen Fall haben Strauss-Kahns Anwälte bereits einen weiteren Antrag eingereicht, damit der Richter einen Verweis auf andere Sexvorwürfe gegen den Franzosen aus der Klageschrift streichen lässt.
Denn Strauss-Kahn ist auch in seiner Heimat ins Visier der Justiz geraten. Im Zuge der Affäre in New York ging die französische Journalistin Tristane Banon an die Öffentlichkeit und warf "DSK" einen Vergewaltigungsversuch bei einem 2003 geführten Interview vor, die Pariser Staatsanwaltschaft verzichtete aber wegen Verjährung auf eine Strafverfolgung.
Stundenlange Befragung am Montag
Dagegen droht Strauss-Kahn ein Nachspiel wegen einer Reihe von Sex-Partys in Paris und Washington, ihm wird unter anderem Beteiligung an Zuhälterei vorgeworfen.
Der Ex-IWF-Chef wurde am Montag stundenlang von einem Untersuchungsrichter im nordfranzösischen Lille befragt, anschließend leitete die Justiz ein formelles Ermittlungsverfahren ein. Strauss-Kahn gibt an, nicht gewusst zu haben, dass es sich bei den Frauen um Prostituierte handelte. Doch auf die Geschworenen bei dem möglichen Zivilprozess in New York würden die Vorwürfe sicherlich keinen guten Eindruck machen.