Washington. Nach dem Amoklauf in Afghanistan ist der Name des mutmaßlichen Täters offiziell bekannt gegeben worden. Bei dem US-Soldaten handle es sich um Feldwebel Robert Bales, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter. Zudem wurden weitere Details über den Schützen bekannt, der 16 Menschen getötet hatte.

In Lake Tapps herrscht Fassungslosigkeit: Die Bewohner des kleinen Ortes im US-Staat Washington wollen nicht glauben, dass einer aus ihrer Mitte am vergangenen Wochenende in Afghanistan 16 Menschen willkürlich erschossen haben soll. Die Nachbarn des 38-jährigen Soldaten beschreiben ihn als Familienmensch, dem sie eine solche Tat nicht zugetraut hätten.

"Ich kann es einfach nicht fassen, dass Bob der Täter ist", sagt Paul Wohlberg, dessen Familie direkt neben dem Haus der Bales wohnt und mit ihnen befreundet ist. "Ein guter Mensch wurde zur falschen Zeit an den falschen Ort geschickt. Mir wäre nie eingefallen, dass ihm so etwas passieren könnte".

Eine andere Nachbarin, Kassie Holland, erzählt, wie sie Bales zusammen mit seinen beiden Kindern spielen sah. "Ich bin schockiert", sagt sie. "Ich kann nicht glauben, dass er es gewesen sein soll. Es gab keine Anzeichen. Es ist traurig." Bales habe immer eine positive Einstellung zu seinem Beruf gehabt und sei nie wütend darüber gewesen.

In der Ortschaft etwa 50 Kilometer südlich der Großstadt Seattle, ganz im Nordwesten der USA, wimmelt es seit der Bekanntgabe des Namen des Feldwebels von Reportern. Bales und seine Frau kauften ihr Haus in Lake Tapps gemäß Unterlagen 2005. Seit dem Tag nach dem Vorfall steht es zum Verkauf.

Bales Anwalt, John Henry Browne, und US-Regierungsvertreter hatten die Identität des mutmaßlichen Amokschützen am Freitag enthüllt.

Einzelhaft in Kansas

Bales wurde nach dem Amoklauf am vergangenen Sonntag inzwischen aus Afghanistan über Kuwait in die USA ausgeflogen. Eine Militärmaschine landete am Freitag auf dem Flughafen von Kansas City. Dort sitzt er im nahegelegenen Militärgefängnis in Fort Leavenworth, dem einzigen Hochsicherheitsgefängnis der US-Streitkräfte, in einer Einzelzelle. Anklage wurde noch nicht erhoben.

Der Amokschütze trat zwei Monate vor den Anschlägen vom 11. September 2001 dem US-Heer bei und tat seinen Dienst seit September 2002 bei einer Infanteriebrigade. Nach seinem zweiten Einsatz im Irak wurde er im April 2008 zum Feldwebel befördert. Danach ging er ein weiteres Mal in den Irak, bevor er zu seinem vierten Einsatz nach Afghanistan geschickt wurde.

"Ich habe Mitgefühl mit ihm, weil er weg war, viermal in den Einsatz geschickt wurde", sagt ein Nachbar von Gegenüber, Beau Britt. "Ich schätze, er war mental ziemlich angeschlagen und hoffe, dass es im Prozess gerecht zugeht."

Widerwillige Stationierung in Afghanistan

Bales Anwalt Browne sagte, sein Mandant sei zwei Mal im Irak verwundet worden. Er habe unter anderem eine Verletzung im Gefecht davon getragen, weshalb ihm Teil eines Fußes entfernt werden musste. Als es vergangenes Jahr geheißen habe, er solle nach Afghanistan geschickt werden, habe Bales nicht gehen wollen. "Er war nicht angetan, nochmals in den Einsatz zu gehen", sagte Browne. "Ihm war gesagt worden, er müsse nicht wieder hin, aber dann sagte man ihm, er müsse gehen".

Bales kam im Dezember in Afghanistan an. Am 1. Februar wurde er in das Feldlager im Bezirk Pandschwai in der Provinz Kandahar versetzt, zu einer Spezialeinheit, die in enger Zusammenarbeit mit Dorfbewohnern für Sicherheit sorgen sollte. Anwalt Browne erklärte, am 10. März, einen Tag vor dem Amoklauf, habe Bales mit ansehen müssen, wie einem Kameraden ein Bein abgerissen worden sei. Das habe ihm die Familie seines Mandanten berichtet.

Nach ersten Rekonstruktionen der Tat setzte sich Bales in den frühen Morgenstunden des 11. März alleine und in Uniform vom Stützpunkt ab und ging in die nahegelegenen Dörfer Alkosai und Balandi. Er brach in Häuser ein und eröffnete das Feuer auf die Bewohner. Manche Leichen steckte er in Brand. Unter den Toten waren neun Kinder. Elf der insgesamt 16 Opfer gehörten zu einer Familie. (dapd)