Düsseldorf. . Smartphones können viel - eine Düsseldorfer Anwaltskanzlei macht sie jetzt sogar zum Scheidungs-Helfer. Unter dem Namen “Meine Scheidung“ können Ehepaare auf Knopfdruck ihre Trennung auf den Weg bringen. Das Programm ist kostenlos. Eheberater finden die Idee reichlich “kalt“.

Joachim Gauck könnte es ganz einfach haben: Knapp drei Wochen sind es bis zur Wahl des nächsten Bundespräsidenten. Aus der CSU kam unlängst der Aufruf, Gauck möge sich zuvor von seiner Ehefrau Gerhild scheiden lassen, weil er seit Jahren in ‚wilder Ehe’ mit Daniela Schadt lebt. Was auch immer von dem Ansinnen zu halten ist – technisch ließe sich die Scheidung mittlerweile ganz schnell in die Wege leiten: per Smartphone. Erstmals lässt sich jetzt ein Paar in Deutschland auf diese Art scheiden.

„Meine Scheidung“ heißt die kostenlose App, die der Düsseldorfer Anwalts Rainer Borgelt auf den Markt gebracht hat. „Mehr als tausend Mal“ sei das Mini-Programm mittlerweile von iPhone- oder iPad-Nutzern heruntergeladen worden, berichtet der 45-Jährige. Mit ihr „lässt sich der Kommunikationsverkehr mit dem Anwalt abkürzen“.

Für eine Scheidung braucht es formell eigentlich nicht viel: Ein Antrag ans Amtsgericht, von einem Rechtsanwalt begleitet, ein Jahr "Trennungszeit“ und die Versicherung beider Eheleute im Scheidungsprozess, „dass die Ehe keine Chance auf Fortsetzung mehr hat“, erklärt Borgelt. Apps für die Scheidungs-Beratung finden sich einige auf dem Markt. Neu an Borgelts Hilfsprogramm ist, dass es das Smartphone zum Scheidungs-Instrument macht, weil man mit dessen Hilfe alle nötigen Dokumente abfotografieren und direkt an Borgelts Kanzlei übermitteln kann. Auch berechnet die App die Verfahrenskosten.

"Mein iPhone hat die Scheidung eingereicht!"

Im Apple-Appstore findet sich schon positive Resonanz: "Mein IPhone hat die Scheidung eingereicht!" freut sich eine Userin namens Tangoline. Ein anderer findet das Programm "kinderleicht zu bedienen und echt hilfreich!" Anwalt Borgelt freut sich unterdessen über die erste Praxis-Premiere seiner App: "Ein Paar aus den neuen Bundesländern will sich mit unserer Hilfe nach sieben Jahren Ehe scheiden lassen". Mit leichter Verwunderung registriert er zudem, dass sein Programm sogar aus den USA, Kanada, Russland und Saudi-Arabien heruntergeladen worden sei: "Auslandsdeutsche", vermutet Borgelt.

Ein Paar aus den neuen Bundesländern verhilft dem Miniprogramm jetzt zur Praxis-Premiere, berichtet Borgelt: „Sie lassen sich jetzt mit unserer Hilfe scheiden, nach sieben Jahren Ehe“. Die beiden seien zwischen 20 und 30 Jahre alt. Eine feste Zielgruppe hat der computeraffine Anwalt nicht im Blick, aber er wird sich wohl auf die iPhone-Nutzer konzentrieren: "Bei Android wüsste ich gar nicht, wie ich das publiziere".

46.000 Scheidungen pro Jahr

Die Zahl der Scheidungen in NRW ist relativ konstant: 45.978 Ehen wurden im Jahr 2010 vor den Amtsgerichten geschieden, auch in den Vorjahren lagen die Zahlen meist zwischen 45- und 46.000 Fällen. Im Landesdurchschnitt werden 2,6 von 1000 Ehen vorzeitig beendet. Das Gros der Scheidungsfälle betrifft Paare, die zwischen 40 und 50 Jahre alt sind. Nach Erfahrung der Familienberatung bei der Caritas gibt es zwei "Hürden", die Ehen scheitern lassen: "Wenn das erste Kind da ist oder wenn die Zeit der Silberhochzeit naht", erklärt Rita Cammann-Karpa von der Caritas-Ehe- und Familienberatung in Essen. (dae/WE)

Unter Eheberatern kommt die App unterdessen nicht so gut an: "Das klingt kalt", findet Rita Cammann-Karpa von der Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Orts-Caritas in Essen. Es sei der seltenste Fall, "dass sich Paare leicht und locker trennten", wie es die App suggeriere. Wo die Partner tatsächlich einvernehmlich das Ehe-Aus beschlossen hätten sei es zwar hilfreich, "die Wege zum Anwalt zu verkürzen". Für das Gros der Betroffenen sei eine Scheidung jedoch "ein tiefer Einschnitt, der mit emotionalen Schmerzen und großen Verletzungen verbunden ist", meint Cammann-Karpa.

Ganz so anonym laufe der Ehe-App-schied jedoch auch per Smartphone nicht ab, versichert Anwalt Rainer Borgelt: „Wir telefonieren natürlich auch mit den Klienten“.