Berlin.. Presseverleger werfen Google vor, seine Marktmacht zu missbrauchen, um eigene Angebote bevorzugt zu platzieren. Vor dem Unterausschuss für neue Medien im Bundestag verteidigte das Internetunternehmen seine Strategie als unbestechlich und nutzerorientiert.
Nun sag, Google, wie hast du es mit der Neutralität? Die Gretchenfrage zur Markt- und Medienmacht des Suchmaschinengiganten hat das politische Berlin erreicht. Ganze 55 Minuten sprachen am Montagvormittag Experten von Google mit Vertretern der Verlegerverbände vor dem Bundestags-Unterausschuss Neue Medien - allerdings weitgehend aneinander vorbei.
Der Zufall hatte dem Streitgespräch vor dem medienpolitischen Gremium im Bundestag eine ganz neue Aktualität gegeben: Erst am Wochenende war bekannt geworden, dass der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) eine vor zwei Jahren eingereichte Beschwerde gegen Google beim Bundeskartellamt formal zurückgezogen und fortan zur Europäischen Kommission verlagert haben.
Die Verlegerseite sieht durch Googles marktbeherrschende Stellung das Prinzip der Fairness verletzt: „Fair search“ und „fair share“ lauten die Schlagworte, mit denen sie auf mehr Transparenz und Neutralität, sowie eine gerechte Beteiligung an den Werbeeinnahmen von Google pochen. Schlagworte, die Google selbst für irreführend hält. Denn wer seinen Nutzern immer nur beste Antworten liefern wolle, handele im besten Sinne neutral und fair, entgegnet Annette Kroeber-Riel, Cheflobbyistin für Google Deutschland.
Dass Presseverlage und Internetkonzern eine ganz unterschiedliche Sprache sprechen, überrascht wenig: „Begriffe wie Objektivität und Neutralität benutzen wir gar nicht“, räumte der Chefjurist von Google Deutschland, Arnd Haller, freimütig ein. „Nutzerrelevanz“ lautet dagegen das Zauberwort, an dem Google sich messen lassen will.
Vorwurf: Google missbraucht seine Marktmacht
BDZV und VDZ warfen Google auch am Montag vor den Ausschussvertretern vor, das Wettbewerbsrecht zu verletzen. Mit seiner Quasi-Monopolstellung auf dem Suchmaschinenmarkt sei Google „der größte Königsmacher“, so Christoph Fiedler vom VDZ. Er kritisierte weiter: Google missbrauche seine Marktmacht, um eigene Inhalte bevorzugt zu platzieren, und halte dabei die eigenen Such-und-Finde-Kriterien geheim. „Google ist parteiisch und verschleiert diese Parteilichkeit gegenüber dem Nutzer“, so Helmut Verdenhalven vom BDZV.
Auch die Fragen der Abgeordneten des Ausschusses an die geladenen Experten waren geprägt vom Misstrauen gegen ein Unternehmen, das sich von einem kleinen Start-Up längst zu einem Megakonzern mit einer Marktmacht von 90 Prozent auf dem deutschen Suchmaschinensektor entwickelt hat. Die Sorge, Google vereine durch die Geheimhaltung seiner Suchlogik „ein extrem hohes Machtpotential“ formulierte Thomas Jarzombek (CDU). Den Wunsch nach mehr Transparenz bei den Kriterien des Treffer-Rankings teilen Vertreter aller Fraktionen. „Wer bestimmt eigentlich, was das für den Nutzer beste Ergebnis ist?“ fragte Martin Dörmann (SPD) in Richtung Google. Weil dies ebenso wie die Frage nach einem neutralen Suchergebnis nicht zu definieren sei, „werde die Forderung nach mehr Transparenz immer zentraler“, betonte auch Jimmy Schulz (FDP).
Google betont Unbestechlichkeit
„Wir wollen immer die besten Antworten für unsere Nutzer“ - mit diesem weidlich bekannten Google-Credo begegnete Annette Kroeber-Riel den Vorwürfen. Was Platzierung der Suchtreffer angeht, sei Google absolut unbestechlich, betont sie. In den Augen der Google-Lobbyistin ist der Konzern „nicht der Nutznießer, sondern lediglich der Vermittler“ zwischen dem Internetnutzer und all jenen, die im World Wide Web Inhalte bereitstellen. Für die Zeitungs- und Verlagsbranche sorge etwa der Dienst Google News jede Minute für 100.000 Klicks auf die journalistischen Angebote der Verlage.
Der bedingungslosen Nutzerorientierung muss sich nach Googles Argumentation auch der Wunsch nach mehr Transparenz beugen: „Wenn wir vollständig transparent wären, würde die Suche schlechter werden“ - Dadurch seien Tür und Tor geöffnet für Manipulationen durch Suchmaschinen-Optimierer, eine Branche, die sich schon jetzt darauf spezialisiert hat, Internetseiten den Suchlogiken von Google anzupassen.
Entsprechend sehe der Konzern auch etwaiger Untersuchungen auf europäischer Ebene gelassen entgegen.