Washington/Port Orchard. Ein neun Jahre alter Grundschüler hat in den USA eine Pistole mit in den Unterricht gebracht. Weil sich offenbar unbeabsichtigt ein Schuss löste, wurde eine achtjährige Mitschülerin schwer verletzt. Selbst hart gesottene Kriminalisten sind entsetzt - und rätseln, wie es zu dem Vorfall kommen konnte.
Die leichte Verfügbarkeit von Schusswaffen in Amerika und das Leid, das damit Tag für Tag einher geht, wird im Normalfall in den Medien routinemäßig wie der Wetterbericht abgehandelt. Im Fall von Tommy (* Name geändert) Cochran lagen die Dinge anders. Als er am Donnerstag in Port Orchard im Bundestaat Washington im orange-farbenen Häftlings-Overall weinend dem Haftrichter vorgeführt wurde, schüttelten selbst hart gesottene Kriminalisten den Kopf.
Cochran ist neun Jahre alt. Sein Opfer, eine Mitschülerin der Armin-Jahr-Grundschule im benachbarten Bremerton, liegt mit Magen-Durchschuss im kritischen Zustand im Krankenhaus. Amina ist ein Jahr jünger. Neun Jahre und acht Jahre? Schusswaffen? Tommy brachte die Pistole vom Fabrikat Heckler & Koch Kaliber 45 am Mittwoch im Rucksack mit in die Schule - laut Polizei löste sich der Schuss von dort aus unbeabsichtigt. Patrick Chochran, Vater des Jungen, stammelte hilflos: „Jeder soll wissen, dass mein Kind einen schrecklichen Fehler gemacht hat, aber es ist ein gutes Kind.“
Junge lebt in schwierigen Familienverhältnissen
Laut Polizeiangaben soll der Knirps bereits vor Tagen gegenüber Mitschülern damit geprahlt haben, dass er bald die Knarre seines Vaters mit in den Unterricht bringen wird. Warum? Fragezeichen. Tommy war zuletzt bei seiner gerichtsnotorisch bekannten Mutter. Von dort soll die Waffe stammen.
Warum er damit in der Schule aufgekreuzt ist? Was geht in einem 9-Jährigen vor? Das fragt sich auch Todd Dowell vom Jugendgericht in Kitsap County. Erster Befund: Die Eltern sind offenbar latent erziehungsunmächtig. Die Mutter hat den Vater wegen ausbleibender Alimente verklagt. Tommy steht unter der Vormundschaft seines Onkels. Nach dem Gesetz in dem Westküsten-Bundesstaat sind Kinder zwischen 8 und 12 Jahren gerichtsfähig, wenn der Richter es so beschließt. Allerdings müsse im vorliegenden Fall erst noch untersucht werden, ob der Steppke „überhaupt begriffen hat, was er alles falsch gemacht hat“, so Dowell.
Die von der Kugel getroffene Mitschülerin liegt nach einer Not-Operation in Seattle im Krankenhaus. Weitere Eingriffe, sagen die Ärzte, werden folgen. Am 7. März wird das Gericht über das weitere Vorgehen im Fall Cochran bestimmen. Bis dahin gelten 50 000 Dollar Kaution. Für einen 9-Jährigen.