Essen. . Mal war er Held, mal Rebell. Aber eines spielte Manfred Krug immer: sich selbst. Das Publikum liebte ihn dafür. Vor allem als swingender „Tatort“-Kommissar Paul Stoever schrieb er Fernsehgeschichte. An diesem Mittwoch wird der gebürtige Duisburg und einstige DDR-Star 75 Jahre alt.

Ob Franz Meersdonk, Robert Liebling oder Paul Stoever – wie auch immer Manfred Krugs Rollen geheißen haben mögen, er spielte immer sich selbst. Das Publikum liebte ihn dafür, im Osten wie im Westen. An diesem Mittwoch wird der erste gesamtdeutsche Fernsehstar 75.

Der gebürtige Duisburger verbrachte seine Kindheit tief im Westen, im Osten wurde er berühmt. Als Zwölfjähriger hatte er nach der Scheidung seiner Eltern mit seinem Vater 1949 in die gerade gegründete DDR rübergemacht. Sein Werdegang wirkt wie ein Klassiker des selbst ernannten Arbeiter- und Bauernstaates. Der Sohn eines Hütten-Ingenieurs startete als Stahlkocher. Ein Spritzer heißen Eisens hinterließ eine markante Narbe auf Krugs Stirn. Sie ließ ihn stets wie jemanden erscheinen, der in jeder Hinsicht schlagfertig ist.

In der DDR nannten ihn die Fans "Manne"

Kein Wunder, dass „Manne“, wie ihn seine Fans zu DDR-Zeiten nannten, gern als Held besetzt wurde, in Frank Beyers Film „Fünf Patronenhülsen“ von 1960 ganz staatstragend als sozialistischer Held. Nur sechs Jahre später wurde der Held zum Rebell. Die „Spur der Steine“, wieder führte Beyer Regie, machte die DDR-Führung nervös. Der Film durfte gerade mal drei Tage in den Kinos laufen. Dann verschwand er zwangsweise im Archiv. Treppenwitz der Filmgeschichte: Erst 1989 durfte Beyers Streifen wieder gezeigt werden, wenig später war die DDR Geschichte.

Krugs kritische Haltung machte ihn im Osten noch beliebter. Der Sozialismus, bekannte Krug später, „war so feige und so grau und so ängstlich. Das war ja das Furchtbarste an ihm“. Das Regime ließ ihn gewähren. Als Krug jedoch gegen die Ausbürgerung des aufsässigen Liedermachers Wolf Biermann protestierte, strafte ihn das Regime ab – mit Teilberufsverbot und Schmutzkampagne. Als ein Stasi-Mitarbeiter Krug öffentlich unterstellte, eine Million D-Mark zur Seite geschafft zu haben, ließ der Mime seine Fäuste sprechen. Fortan durfte er gar nicht mehr arbeiten. Der Schauspieler, entnervt, beantragte seine Ausreise. Am 20. Juni 1977 wechselte Krug die Seiten, vom Osten Berlins in den Westen: „Berlin war mir sehr sympathisch. Auch die Eingemauertheit von West-Berlin war mir sehr sympathisch.“

Zwölf Jahre lang Anwalt "Liebling Kreuzberg"

Aber: Krug war 40 und stand vor dem Nichts. Und dennoch gelang ihm beinahe auf Anhieb eine zweite Karriere: Krug war als vierschrötiger Brummi-Fahrer Franz Meersdonk „auf Achse“ in der ARD, von 1977 bis 1992.

Nur wenige Jahre später wurde Krug abermals zum Serien-Täter, wieder im Ersten. „Liebling Kreuzberg“ war eine Idee von Krug-Kumpel Jurek Becker. Dass der knurrige Anwalt Robert Liebling seine Fälle juristisch selten einwandfrei löste, überdeckten die oft brillanten Dialoge. Erst 1998, nach zwölf Jahren, musste sich der TV-Anwalt vom Bildschirm verabschieden.

Fernsehgeschichte schrieb Krug auch als hemdsärmliger „Tatort“-Kommissar Paul Stoever. Gemeinsam mit seinem Kollegen Charles Brauer war Krug derart erfolgreich, dass ihn in der Publikumsgunst nur Götz Georges Schimanski toppte. Zur Beliebtheit von Krug und Brauer trugen ihre Gesangseinlagen bei. Krug griff dabei auf seine Erfahrung als Jazz-Sänger zurück. Seine Vorliebe für Swing hatte er bereits zu DDR-Zeiten ausleben dürfen, wo er zudem auch Schlager sang und einige Schallplatten veröffentlichte.

Eine Platte und dann erstmal keine mehr: "Da bist du ja"

Im Westen musste die Musikleidenschaft Krugs allerdings viele Jahre darben. Ein Album ("Da bist du ja", 1979), zwei Jahre nach Krugs Übersiedlung produziert, fand kein großes Publikum wie vormals in der DDR; Krugs Name führte immerhin dazu, dass Stars wie Caterina Valente und André Heller für ein Duett ins Studio kamen. Erst viel später trat Krug wieder als Musiker auf der Bühne auf, begleitet von Musikkollegen aus DDR-Zeiten und seiner Tochter Fanny.

Krugs Popularität erwies nach der Nachwende-Zeit als Fluch und Segen zugleich. Sie bescherte ihm Werbeaufträge – und Ärger. So empfahl Krug Aktien der Deutschen Telekom. Dummerweise stürzte der Kurs des Unternehmens nur wenig später ab. Krug: „Ich betrachte es als eine Art Selbstbestrafung. Es sind bis heute die einzigen Aktien, die ich selbst gekauft habe.“