Kairo. Bei Krawallen nach einem Fußballspiel sind in Ägypten mindestens 70 Menschen ums Leben gekommen. Fernsehbilder zeigen, wie Fans das Spielfeld stürmen und die Spieler jagen. 1000 Menschen wurden verletzt. Die Spieler erheben schwere Vorwürfe gegen die Polizei: Sie seien “im Stich gelassen“ worden.

Kaum hatte der Schiedsrichter die Erstliga-Partie zwischen dem Außenseiter Masry von Port Said und dem Favoriten Ahly aus Kairo abgepfiffen, verwandelten tausende Masry-Fans das Stadion binnen Minuten in eine Hölle. Trotz eines 3:1 Sieges ihrer Mannschaft stürmten sie das Spielfeld. Steine und Flaschen flogen, Feuerwerkskörper wurden gezündet.

Fernsehbilder zeigten die rot gekleideten Ahly-Spieler in Panik in die Kabine fliehen, hunderte Menschen prügelten wild aufeinander ein. Die Live-Übertragung des ägyptischen Staatskanals zeigte, dass die schweren Krawalle zwischen den Fans beider Vereine in dem Stadion der Küstenstadt noch mindestens eine Stunde weitergingen. Die wenigen Trupps der schwarz gekleideten Sonderpolizei wirkten völlig überrascht und hilflos, später war von den Beamten nichts mehr zu sehen.

Unter den Toten sind zahlreiche Ordnungskräfte

Am Abend gab der Staatssekretär im ägyptischen Gesundheitsministerium, Hesham Shiha, in einer ersten Bilanz bekannt, bei den Auseinandersetzungen seien mindestens 73 Menschen gestorben, darunter zahlreiche Ordnungskräfte. Über tausend Menschen wurden verletzt – die schwerste Fußball-Katastrophe in der Geschichte Ägyptens. Viele Opfer wurden nach ersten Angaben von Ärzten tot getrampelt oder erstickten, weil sie von der rasenden Menge zu Tode gequetscht worden waren.

Andere starben an schweren Kopfverletzungen und Stichwunden. Auch im Kairoer Fußballstadion beim Spiel des zweiten Kairoer Erstligisten Zamalek gegen Ismailia randalierten die Fans in der Halbzeitpause und stecken Teile des Stadions in Brand. Das Spiel wurde daraufhin auf Verlangen der Spieler beim Stand von 2:2 abgebrochen. Das Feuer konnte gelöscht werden, ohne dass Menschen zu Schaden kamen. Noch am Abend setzte der Präsident des ägyptischen Fußballverbandes alle Spiele der ägyptischen Erstliga bis auf weiteres aus.

Die schwersten Unglücke und Ausschreitungen

24. Mai 1964

Im Nationalstadion der peruanischen Hauptstadt Lima brechen Krawalle aus, nachdem der Schiedsrichter kurz vor Schluss einen Treffer nicht gibt: 318 Tote, mehr als 500 Verletzte.

23. Juni 1968

74 Menschen kommen in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires ums Leben und mehr als 150 werden verletzt. Fans waren nach der Partie zwischen River Plate und Boca Juniors zu einem Ausgang geströmt, der verschlossen war.

17. Februar 1974

Zuschauer versuchen, die Absperrungen zu einem Stadion in der ägyptischen Hauptstadt Kairo zu durchbrechen, 49 werden zu Tode getrampelt.

20. Oktober 1982

Bis zu 340 Menschen sterben bei der Europapokal-Partie zwischen Spartak Moskau und dem HFC Haarlem aus den Niederlanden. Die Polizei soll Fans noch vor dem Abpfiff durch zu enge und vereiste Abgänge aus dem Stadion gedrängt haben. Als ein spätes Tor fiel, versuchten die Fans ins Stadion zurück zu gelangen, es kommt zur Massenpanik. Die russischen Behörden sprechen offiziell von 61 Toten und sehen keine Schuld bei der Polizei.

1. Mai 1985:

Eine Zigarette setzt die Holztribüne in Bradford (England) in Brand, bei dem Großbrand kommen 56 Menschen um, Hunderte werden verletzt.

12. März 1988

In Kathmandu (Nepal) kommen mindestens 93 Menschen bei einer Massenpanik ums Leben. Sie hatten versucht, sich vor einem Hagelsturm in Sicherheit zu bringen, verschlossene Stadiontüren wurden ihnen zum Verhängnis.

15. April 1989

Bei der Partie Nottingham Forest gegen FC Liverpool im Hillsborough Stadion in Sheffield versuchen Fans, sich auf eine bereits überfüllte Tribüne zu drängen, Menschen werden gegen die Begrenzungszäune gequetscht, 95 Tote, mehr als 200 Verletzte.

13. Januar 1991

n Orkney (Südafrika) sterben 40 Menschen bei Ausschreitungen, die meisten werden totgetrampelt oder zerquetscht.

16. Oktober 1996

Bei der WM-Qualifikations-Partie zwischen Guatemala und Costa Rica kommen bei einer Massenpanik 78 Menschen ums Leben.

11. April 2001

Bei der Partie zwischen den Kaizer Chiefs und den Orlando Pirates kommen in Johannesburg in Südafrika 47 Menschen ums Leben. Fans hatten versucht, in das überfüllte Stadion zu gelangen und waren in Stacheldraht gedrückt worden.

1/10

Spieler fühlen sich von der Polizei im Stich gelassen

Die Spieler des Kairoer Clubs Ahly verbarrikadierten sich im Stadion von Port Said in ihrer Kabine und flehten in frenetischen Handyanrufen um Hilfe vor dem rasenden Mob. „Die Polizei ist weg, sie hat uns im Stich gelassen, niemand schützt uns mehr. Ein Fan ist im Umkleideraum gerade vor meinen Augen gestorben“, schrie Mannschaftskapitän Mohamed Abou-Treika in einem Anruf bei einem Sportradio-Sender. „Das hat mit Fußball nichts zu tun. Das ist Krieg und die Menschen sterben vor unseren Füßen.“

Mittelfeldspieler Mohamed Barakat, der selbst eine Schlagverletzung erlitt, berichtete „in den Gängen liegen überall Leichen, alle Sicherheitsleute und Soldaten sind verschwunden.“ Die Umkleidekabine habe sich in ein Leichenhaus verwandelt, sagte Ahly-Torwarttrainer Ahmed Nagy.

Parlament wird sich mit den Krawallen beschäftigen

Am Abend kündigte der herrschende Militärrat an, zwei Militärflugzeuge nach Port Said zu schicken, um die Spieler von Ahly abzuholen. Ihre Mannschaft zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten Vereinen Ägyptens und war in der Ersten Liga seit November 2010 ungeschlagen. Erst vor drei Wochen hatte das Team ein Freundschaftsspiel in Qatar gegen den vielfachen deutschen Meister Bayern München knapp mit 1:2 verloren.

Die schweren Krawalle am Mittwochabend sind Indikator für eine zunehmend gereizte Stimmung im post-revolutionären Ägypten. Hunderttausende Menschen haben ihre Arbeit verloren, die Wirtschaft kommt auch ein Jahr nach dem Sturz von Hosni Mubarak nicht auf die Beine. Die Frustration in der Bevölkerung wächst und entlädt sich immer häufiger in schweren Gewalttaten, bei politischen Demonstrationen sowie in den Fußballstadien des Landes. Am Donnerstag will sich das neu gewählte ägyptische Parlament in einer Sondersitzung mit den schweren Unruhen beschäftigen.

Über 70 Tote bei Ausschreitungen

Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © REUTERS
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen.
Bei Krawallen in einem Fußballstadion in Ägypten sind mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
1/21