Kairo. . In der Hauptstadt Kairo gibt es bereits Prügel und Schießereien um den letzten Sprit. Übergangspremier klagt über dramatische wirtschaftliche Lage. 20-Milliarden-Loch im Haushalt
In Ägypten geht die Panik um: Seit einer Woche bilden sich vor den Tankstellen lange Schlangen, die Mienen der Wartenden sind nervös und angespannt. Im Kairoer Stadtteil Helwan gab es beim Schusswechsel zwischen Tankwarten und aufgebrachten Taxifahrern einen Toten, anderswo blieb es bei Faustschlägen und Wortgefechten.
Nicht selten geht den Zapfsäulen schon am Vormittag der Sprit aus, die Kunden müssen dann woanders weitersuchen – zum Beispiel an der Autobahn Kairo – Alexandria, wo der Schwarzmarkt blüht.
Ähnlich knapp ist auch die Versorgung mit Butangas-Flaschen. Seit Anfang Januar haben sich die Preise verdreifacht und das zu einer Zeit, wo Ägypten unter einer ungewöhnlichen Kältewelle leidet.
Gereizte Stimmung
Die Stimmung im Land ist gereizt, die Wirtschaft kommt nicht auf die Beine. Der 78-jährige Übergangspremier Kamal al-Ganzouri brach sogar in Tränen aus, als er vor der Presse die dramatische Haushaltslage seines Landes schilderte.
Seitdem sind viele Autofahrer überzeugt, der Regierung werde schon bald das Geld für die stark subventionierten Benzinpreise ausgehen. In dem 60-Milliarden-Staatshaushalt klafft ein Loch von 20 Milliarden Euro. 16 Milliarden Euro verschlingen allein die Subventionen, der Löwenanteil geht für billigen Sprit und Strom drauf, ein geringerer Teil für Mehl und Brot.
Könnte die Regierung diese Ausgaben streichen, wäre das Defizit fast geschlossen. Gleichzeitig aber würde das Land sozial aus den Angeln gehoben. 40 Prozent der 85 Millionen Ägypter müssen mit weniger als 1,5 Euro pro Tag existieren. Sie kämen ohne das billige Brot und die preiswerten Sammeltaxen nicht mehr über die Runden.
Löchriges Steuersystem
Auch bei den Einnahmen hapert es. Das Steuersystem ist löchrig, der Tourismus ist eingebrochen, ausländische Investoren sind rar, Währungsreserven verdunsten.
Und so steht der vom Militärrat bislang blockierte 3,2 Milliarden-Dollar-Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) wieder auf der Agenda. „Verhandlungen finden statt, aber ohne politische Vorbedingungen“, erklärte die Ministerin für Planung und Kooperation, Fayza Abouelnaga. Auf keinen Fall will sich Ägypten auch noch einen Abbau der Subventionen aufzwingen lassen. Man wolle das Geld einsetzen, um die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen.
Der IWF aber muss auch deshalb einspringen, weil Saudi-Arabien seine vier Milliarden Dollar Finanzhilfe, die es angeboten hat, zurückhält. Hinter den Kulissen macht Monarch Abdullah offenbar zur Bedingung, dass gegen Ex-Präsident Hosni Mubarak kein Todesurteil ergehen darf.