Kassel. .
Ein 52 Jahre alter Lehrer ist vom Landgericht Kassel vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden, nachdem er fünf Jahre unschuldig in Haft gesessen hat. Eine ehemalige Kollegin hatte den Mann beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben.
Ein Lehrer hat fünf Jahre unschuldig im Gefängnis gesessen: Der 52-Jährige wurde am Dienstag vom Kasseler Landgericht vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Er sei „Opfer einer gezielten Falschaussage“ geworden, sagte der Vorsitzende Richter. Zehn Jahre seines Lebens seien verpfuscht. Dem nun freigesprochenen Mann steht dem Urteil zufolge eine Haftentschädigung zu.
Eine heute 46-jährige ehemalige Kollegin hatte den Mann beschuldigt, sie 2001 in einer Schule im südhessischen Reichelsheim (Odenwald) vergewaltigt zu haben. Im Jahre 2002 war der 52-Jährige vom Landgericht Darmstadt zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden, die er komplett verbüßt hat. Danach bekam er keine neue Anstellung mehr, lebt gegenwärtig von Hartz IV.
Aussage der Frau zu schwach
Der neue Prozess war ins Rollen gekommen, als massive Zweifel an der Aussage der Frau aufgekommen waren. Anders als die Kollegen in Darmstadt stuften die Kasseler Richter die Aussagen der Frau als „so schwach“ ein, „dass darauf beim besten Willen keine Verurteilung gegründet werden kann“. Sie hatte als Motiv für die angebliche Tat angegeben, dass der Angeklagte darüber verärgert gewesen sei, als Fachbereichsvorsitzender abgewählt worden zu sein.
Das Gericht nannte dies ein „lächerliches Motiv“, da der 52-Jährige den Rücktritt selbst angeregt habe. Stattdessen sahen die Richter ein eindeutiges Motiv für eine Falschaussage bei der Frau: Sie sei darauf aus gewesen, in der Sekundarstufe II zu unterrichten, wo der Angeklagte arbeitete.
„Aberwitzige Geschichten“ erschüttern Glaubwürdigkeit
Am angeblichen Tattag im August 2001 hat sich nach der Überzeugung des Gerichts „nichts abgespielt, was auch nur ansatzweise mit einer Vergewaltigung zu tun haben könnte“. Einen Tag später war die Frau Tennis spielen und zu einem Stammtisch gegangen. Bei einer ersten ärztlichen Untersuchung berichtete sie nichts von etwaigen Verletzungen. Erst bei einem zweiten Arztbesuch präsentierte sie Kratzspuren und Hämatome, die nach der Einschätzung des Gerichts nicht von einer Vergewaltigung stammen, sondern „nachträglich entstanden“ sein müssen.
Die erheblichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Frau, die als Nebenklägerin auftrat, aber die Aussage verweigerte, wurden durch weitere „aberwitzige Geschichten“ genährt. So erfand sie neben einer nicht existierenden Tochter den Tod eines angeblichen Lebensgefährten, der als Kriminalbeamter an den Ermittlungen in ihrem Fall beteiligt war und dann bei einer Terrorismus-Fahndung schwer verletzt worden sei. Es stellte sich den Angaben zufolge heraus, dass er nicht - wie von ihr behauptet - an einer Kopfverletzung gestorben war, sondern noch lebte.
„Mein Leben wird sich nun um 360 Grad drehen“, sagte der 52-jährige Angeklagte nach der Urteilsverkündung. „Ich habe zehn schreckliche Jahre hinter mir, jeder Tag war ein Überlebenskampf.“ Er hoffe, dass in seinem Leben wieder Normalität einkehre. Gegen die Frau, die ihn zu Unrecht hinter Gitter brachte, läuft ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung. (dapd)