Göttingen. . Im Prozess um den Doppelmord an zwei Teenagern im niedersächsischen Bodenfelde hat die Staatsanwaltschaft 15 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung gefordert. Der Angeklagte leide an einer „schwer ausgeprägten kombinierten Persönlichkeitsstörung“.

Der mutmaßliche Mörder zweier Jugendlicher im niedersächsischen Bodenfelde soll für seine grausamen Taten möglichst lange weggesperrt werden. Staatsanwalt Jens Müller forderte am Montag vor dem Landgericht Göttingen 15 Jahre Haft für den 26-Jährigen, die Unterbringung in der Psychiatrie und Sicherungsverwahrung. Erst wenn Gutachter feststellen, dass von Jan O. keine Gefahr mehr ausgeht, könnte er damit aus der Haft entlassen werden.

Der 26-Jährige hatte bereits gestanden, im November 2010 die 14-jährige Nina und den 13-jährigen Tobias umgebracht zu haben. Laut Müller beging er die Morde zur sexuellen Befriedigung und habe eine schwere Persönlichkeitsstörung. Nina habe er zunächst vergewaltigen wollen. Doch nachdem er sie gewürgt und auf sie eingetreten habe, merkte er, dass ihn "kannibalische und vampiristische Handlungen erregten", sagte Müller. Dem Mädchen biss er schließlich in eine Wunde am Hals, schluckte ein Stück Fleisch herunter.

Aus sexuellen Motiven gehandelt

Auch leckte er aus der Nase tropfendes Blut von ihrer Wange ab. "Das Röcheln und Stöhnen des Opfers war ihm egal", so Müller. Später legte er sich auf den Boden und platzierte die Leiche auf seinem Körper. "Er ließ das Blut des Opfers über sich laufen", schilderte der Staatsanwalt die unfassbare Tat. Jan O. kehrte auch mehrfach zu der Leiche zurück, streichelte den leblosen Körper des Mädchens und filmte sich mit seinem Mobiltelefon.

Fünf Tage später traf er in der Nähe des Tatorts auf Tobias, den er zunächst für ein Mädchen hielt. Müller zeigte sich überzeugt, dass er auch bei dieser Tat aus sexuellen Motiven handelte. Als Jan O. erkannt habe, dass Tobias ein Junge sei, habe er sich daran erinnert, dass ihn "nicht Geschlechtsverkehr sondern die Tötung eines Menschen sexuell erregten." Dafür spreche auch, dass an der Unterhose von Jan O. Blut von Tobias festgestellt wurde.

Vermindert schuldfähig?

Während der Hauptverhandlung hatte O. sexuelle Absichten bei Tobias verneint. Wegen seiner politischen Überzeugung lehne er homosexuelle Handlungen grundsätzlich ab, soll er laut Müller gesagt haben. Der Anwalt der Eltern von Tobias, Steffen Hörning, ist deshalb überzeugt, dass der Angeklagte nur aus Verdeckungsabsicht handelte. Damit gebe es keine verminderte Schuldfähigkeit bei dieser Tat, weshalb auch eine lebenslange Freiheitsstrafe zu fordern sei, sagte Hörning.

Müller hingegen folgte dem Gutachten eines Sachverständigen, nachdem Jan O. schwer in seiner Persönlichkeit gestört sei und damit vermindert schuldfähig. Bereits in der Kindheit habe der Angeklagte eine resoziale Störung entwickelt, die sich später verfestigt habe. Für Gefühle anderer Menschen zeige sich der 26-Jährige unbeteiligt, erläuterte Müller.

"Für die Familie ist nichts mehr so, wie es war"

Beide Nebenklage-Anwälte nutzten am Montag die Gelegenheit, die schwierige Situation der Familien von Nina und Tobias nach den Taten darzustellen. "Für die Familie ist nichts mehr so, wie es war. Es wird auch nie wieder so sein", sagte Hörning. Tobias Familie gehe jeden Tag an das Grab des Jungen, "nur um ihm nahe zu sein." Der Platz von Tobias am Esstisch bleibe nach wie vor frei. "Alles ist so, wie vor dem 20. November. Nur, dass eben Tobias eben nicht mehr da ist."

Jan O. werde in der Familie nur als "Monster" bezeichnet, sagte Hörning. Er verlas auch einen Brief der Mutter von Tobias, in dem sie Gerechtigkeit für die so "abscheuliche Tat" fordert. "Dieser - man kann ihn kaum so bezeichnen - "Mensch" soll nie wieder frei kommen", erklärte die Mutter.

Am Dienstag soll der Prozess mit dem Plädoyer der Verteidigung fortgesetzt werden. Ein Urteil soll am 27. Juni gesprochen werden. (dapd)