Berlin. Mit 70 von 73 Stimmen erhält Bellut, der als konservativ gilt, bei der Wahl deutlich mehr als die erforderliche drei-Fünftel-Mehrheit im Fernsehrat. Ein Ergebnis, das hier viele erhofft hatten.
Der künftige ZDF-Intendant Thomas Bellut will ein „frischeres“ Programm machen und so erfolgreicher beim jungen Publikum werden. Der gestern in Berlin gekürte 56-jährige bisherige Programmdirektor löst im März 2012 Markus Schächter ab, der den Mainzer Sender seit 2002 leitet.
Freitagmittag im Berliner Hyatt-Hotel, wo sich zur Berlinale halb Hollywood tummelt. Während sie draußen in der Stadt an diesem Tag an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 erinnern, läuft drinnen bei der Intendantenwahl des ZDF-Fernsehrats alles nach Plan. Kein Aufstand, kein großes Kino. Es gibt nur einen Kandidaten, nur eine Gegenstimme und zwei Enthaltungen.
Bellut versprach nach der Wahl, er wolle mit dem Geld der Gebührenzahler „anständig“ umgehen. „Die Zuschauer müssen wissen: bei uns gibt es etwas Besonderes.“ Der Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz (CDU) lobte, Bellut sei „einer der herausragenden Medienmanager dieses Landes“. Für den scheidenden ZDF-Intendanten Markus Schächter, der keine dritte Amtszeit wollte, war sein Programmdirektor der „Wunschkandidat“. Mit 70 von 73 Stimmen erhält Bellut, der als konservativ gilt, deutlich mehr als die erforderliche drei-Fünftel-Mehrheit im Fernsehrat. Ein Ergebnis, das hier viele erhofft hatten.
Denn: Das ZDF kann auch anders. Der Wahl von Markus Schächter vor neun Jahren gingen monatelange Querelen zwischen SPD- und CDU-nahen Fernsehratsmitgliedern voraus; auch bei der gescheiterten Vertragsverlängerung für ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender kam es zu öffentlichen Zerwürfnissen. Am Ende setzte sich die konservative Mehrheit, angeführt vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch durch - seit dem 1. April 2010 führt der neue Chefredakteur Peter Frey die Redaktion.
Öffentliches Störfeuer
Das einzige öffentliche Störfeuer kam diesmal von Claudius Seidl, Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), der sich selbst in einer Glosse für den Intendantenjob ins Gespräch gebracht hatte - aus Spaß, aber auch aus Ärger über die geschlossene Gesellschaft des ZDF-Wahlverfahrens. Wer Intendant werden will, muss von einem der Fernsehratsmitglieder vorgeschlagen werden - überwiegend politische Vertreter der Länder und der Parteien. Vergeblich war auch der Versuch eines Hessen, die Wahl per Eilantrag zu stoppen - weil seine Bewerbung missachtet worden sei.
Thomas Bellut, vor der Kamera bekannt geworden als Moderator von Wahl- und Sondersendungen, stammt aus Osnabrück und ist heute mit der ZDF-Moderatorin Hülya Özkan verheiratet. Sein Vorgänger hinterlässt ihm kein leichtes Erbe: Bellut muss das ZDF und seine drei digitalen Kanäle „ZDFneo“, „ZDFkultur“ und künftig „ZDFinfo“ im Zeitalter des Internetfernsehen auf Kurs halten - und sein Publikum bei der Stange. Der ZDF-Durchschnittszuschauer ist weiblich, 60 Jahre alt - und damit etwa zehn Jahre älter als Otto Normalzuschauer.
Zu den wichtigsten Baustellen gehört dabei die Zukunft von „Wetten, dass...?“ und die Frage: Bleibt Thomas Gottschalk beim ZDF? Die ARD will den Moderator abwerben, bislang hat Gottschalk hat noch keine Entscheidung getroffen. Wetten werden noch angenommen.