Köln. . Das Böse ist immer und überall: Diesen Eindruck hinterlassen die Krimi-Bestseller von Simon Beckett. Seine Leser lieben ihn dafür.

Hotel im Wasserturm zu Köln. Viel feiner geht nicht, hier in der Domstadt. Leise ist es hinter den dicken Backsteinmauern, und trotzdem hört man ihn nicht kommen. Plötzlich steht er da.

Eleganter Anzug, helles Hemd ohne Krawatte. Ernst ist der Blick, weich der Händedruck, angenehm die Stimme, mit der er sagt: „Schön, Sie zu sehen.“ Nett sieht der Mann aus, nicht „very british“, aber ein wenig englisch schon. Doch er verbreitet Angst und Grauen, Ekel und Entsetzen. Denn sein Name ist Simon Beckett. Krimi-König, Bestsellerautor, Meister des forensischen Thrillers. Um nur mal ein paar Titel zu nennen, die man dem Briten in den letzten Jahren verliehen hat.

Gerade ist Band vier der David-Hunter-Reihe erschienen mit dem Titel „Verwesung“. Klar ist er sofort auf Platz eins in den Bestsellerlisten. Und in seinem Sog hat es auch das Frühwerk „Tiere“ aus den 90er Jahren an die Spitze der Charts geschafft. „Ja“, sagt der 42-Jährige mit britischem Understatement, „es läuft ganz gut im Augenblick.“

Jedenfalls viel besser, als er je zu hoffen gewagt hätte. „Es gab Zeiten, da habe ich gedacht, meine Karriere als Schriftsteller ist zu Ende“, erinnert sich Beckett.

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    Mitte der 1990er ist das. Vier Romane hat er da in seiner Heimat bereits veröffentlicht. Kritikerlob gibt es dafür und Auszeichnungen, aber kaum Geld. „Die Bücher waren nicht besonders erfolgreich“, gibt Beckett zu. Er muss sich was dazu verdienen. Mal als Lehrer, mal als Hausmeister oder Schlagzeuger, meistens aber als Journalist. Für die „Times“ oder den „Observer“ begleitet er Spezialeinheiten der Polizei und schaut Pathologen bei der Arbeit über die Schulter. 2002 besucht er die „Body Farm“ im amerikanischen Knoxville, ein Forschungsgelände, auf dem forensische Anthropologen und Entomologen die Verwesungsprozesse von Leichen studieren. „Faszinierend“ findet Beckett den Besuch . Nicht nur eine Magazin-Story will er daraus machen, sondern endlich wieder ein Buch.

    Fünfter Band geplant

    Er erfindet die Figur des David Hunter. Ein Jahr feilt er am Charakter des britischen Forensikers. Heraus kommt kein strahlender Held, sondern ein Ermittler mit Schwächen. „Ich wollte keinen Supermann. Ich wollte ihn menschlich und fehlbar machen.“ Offenbar kein schlechte Idee „Die Chemie des Todes“, Hunters erster Fall, verkauft sich mehr als eine Million Mal und legt den Grundstein für eine der spannendsten Krimi-Serien des neuen Jahrtausends. Beckett muss nachlegen. Was aber nicht so einfach ist. „Ich hatte ja keinen Masterplan für mehrere Hunter-Romane.“ Aber er hat Ideen, „Kalte Asche“ heißt der zweite Band, „Leichenblässe“ Folge Nummer drei.

    18 Monate hat Beckett nun an seinem jüngsten Werk gearbeitet. Fast jeden Tag und oft bis spät in die Nacht. „Das Schwierigste ist es, den Horror zwischenzeitlich aus dem Kopf zu kriegen.“ Natürlich wäre es schon deshalb schön, zwischendurch mal eine Komödie oder einen Historienroman zu schreiben, räumt Beckett ein. „Aber das kann ich alles nicht.“

    So gibt es auch in „Verwesung“ wieder Tod und Verderben. Aber es gibt weniger Maden, dafür mehr David Hunter. „Ich habe die Rezeptur ein wenig geändert“, sagt Beckett. „Ich wusste immer, dass ich irgendwann die Vergangenheit von David Hunter genauer erforschen werde. Auch weil ziemlich viele Leser sich das gewünscht haben.“

    Sie wünschen sich allerdings auch einen Film mit David Hunter. „Es gibt Angebote“, sagt Beckett. „Aber das richtige war noch nicht dabei.“ Hunter wird ihn aber auf jeden Fall weiter beschäftigen. „Ein fünfter Band ist bereits in Planung. Was dann kommt, muss man sehen.“

    Ein kurzer Blick auf die Uhr. Beckett muss gehen. „Eine Lesung.“ Eine von vielen im Augenblick. Sie haben den stillen Star aus Sheffield mittlerweile so bekannt gemacht, dass sich die ersten Mädchen Autogramme auf die nackte Haut geben lassen. Und am Flughafen ist neulich jemand hinter ihm hergelaufen, um sich ein Buch signieren zu lassen. „Wie bei einem Popstar“, sagt Beckett etwas ungläubig. „Aber eigentlich gar nicht schlecht.“